Die Begradigung der Landschaft
Was für eine Landschaft hatten wir?
Die Rüfen, der Rhein, der Wald und die Berge wurden von Kindern vor einem halben Jahrhundert nicht viel anders verwendet wie vor 20 Jahren: zum spielen, wandern und "füürla".  Anders als die Dörfer Liechtensteins, die sich über die Jahre drastisch gewandelt haben. Die Teilnehmer beschrieben die Landschaft ihrer Kindheit und deren Veränderung bis heute.

"Mein Hausgarten war dort, wo jetzt die Tesla-Tankstelle ist. Dort habe ich damals um diese Zeit Johannisbeeren abgenommen. Rundherum war die Metzgerei Hilti, in der damals noch geschlachtet wurde."

"Der Rhein und der Wald sind noch ziemlich genau gleich wie damals. Die Strasse ist inzwischen stärker überbaut, hat sich in ihrer Grundcharakteristik aber nicht massgeblich verändert, ausser dass keine Kinder mehr dort spielen."
"Ich bin im Heiligkreuz in Vaduz in einem dieser wunderschönen 70er-Jahre Blöcke aufgewachsen. Wahrscheinlich dem ersten, der in dieser Dimension ins Quartier gesetzt wurde in den 70er-Jahren. Rundherum hatte es einen Haufen freie Wiesen. Wenn ich heute dorthin gehe dann sind diese Wiesen nicht mehr da sondern es stehen jetzt mehr von diesen Würfelklötzen. Und tendenziell werden sie immer grösser."

 "Ich bin im Südlichen Teil von Schaan aufgewachsen und habe die Specki überhaupt nicht gekannt. Das war für mich wirklich wie Un-Schaan. Heute ist das Unterland für mich, wie damals die Specki."
"Damals hatte es noch viele Wiesen, man konnte überall spielen. Bis zum Rhein hinaus und zum Wald hinauf. Was heute dort steht wo ich aufgewachsen bin, kennen alle, die Bank, die Tesla-Tankstelle. Es steht kein Bauernhof mehr, nichts."

"Früher sind wir barfuss zur Maiandacht auf Dux. Damals konnte man noch Maikäfer sammeln. Die Insekten, Schnecken und andere Tiere sind unheimlich zurückgegangen. Früher musste man die Scheiben nach 100 Kilometer ordentlich putzen weil alles von den Insekten verklebt und verspritzt war. Da hat sich unglaublich vieles gewandelt indem dass man die Vielfalt auf unsere Kosten zerstört."

"Ich bin da oben aufgewachsen und bin darum zu Fuss hier. Als Junge war ich oft beim Tanzplatz und im Malarsch. Wenn man von hier hinübergeschaut hat, war die Winkelgass hier fertig und der Rest war s'Bord. Dort hat früher das Vieh geweidet und heute weiden dort oben Einfamilienhäuschen.
Und man muss sich einfach im klaren darüber sein: Das ist das, was unsere Bevölkerung damals ums Verrecken wollte. Es war keine böse dritte Instanz, die hier gesagt hat «Das müsst ihr jetzt machen» und sie hätten sich dagegen gewehrt – im Gegenteil."

"Ich bin beim Böchel-Lädile an der Landstrasse aufgewachsen. Dort ist es gleich gefährlich wie früher und für mich ein Horror, noch immer. Vielleicht ist es auch noch etwas schlimmer geworden."

"Im Villenviertel haben meine Eltern ein kleines Einfamilienhäuschen gebaut, wo es einfach nur grün war rundherum. Wir haben noch Fotos in unseren Fotoalben, auf denen sie mit einer Karetta und dem Betonmischerchen selber am Bauen sind. Heute steht das Häuschen nicht mehr. An seiner Stelle steht jetzt ein ziemlich nobles Mehrfamilienhaus. Die grüne Wiese ist weg. Das Bienenhäuschen, das dort stand, hat man an den Rand hinaus gedrückt. Es sieht wirklich anders aus."

"Ich bin nicht hier aufgewachsen und habe die Vergangenheit nicht erlebt, aber ich möchte die Zukunft erleben."

"Die Zollstrasse in Schaan ist noch ziemlich ähnlich wie damals – es ist einfach mehr gebaut worden. Es war damals schon eine Rennstrecke und es ist heute noch eine Rennstrecke. Zur Schule konnte ich noch dort wo heute das Rathaus ist gehen. Erst ganz zum Schluss mussten wir hinauf ins Resch. Gefühlt war es ein wahnsinnslanger Weg. Einen Teil konnten wir noch über den Postweg zurücklegen, das war noch ein bisschen weg vom Verkehr. Nachher mussten wir die ganze Zollstrasse entlang hinaus. Es war noch anders damals mit den Wiesen und Blumen, heute ist es viel mehr überbaut. Jetzt soll ja auch noch ein Casino dazukommen."

"Ich bin in Vaduz aufgewachsen, mitten drin in der Egerta hinter der LGT und lebe heute noch dort. Bewegt hat man sich am liebsten im ganzen Dorf, Zuhause wussten sie nie, wo ich bin. Verändert hat es sich vor allem an den Rändern. Einzelne Strassen sind geblieben, das Dorf, der Schräge Weg, weiter hinaus zur Rheinbrücke… die Wuhrstrasse…die Umgebung ist klar, aber das ist eine generelle Tendenz…es ist härter geworden."

"Ich bin viel weiter unten am Rhein aufgewachsen. Miene Eltern haben eine Zweitwohnung in der Ijssel und wir haben dort viel Zeit verbracht als Kinder. Neben dem Umstand, dass auch Holland sich immer mehr zubaut, gibt es auch positive Entwicklungen, nämlich dass es immer mehr Renaturierungen des Rheins gibt. Das erlebe ich als sehr positiv, weil dabei naturnahe Umgebung geschaffen wird. Ich habe mir immer vorgestellt, wie dieser Fluss hier so wild und lebendig durch die Berge fliesst. Entsprechend überrascht war ich zu sehen, wie der Fluss hier so eingebaut und eingezäunt ist."

Im Riet draussen im Industriegebiet gab es einmal einen Eisplatz, wo wir eislaufen waren. Ich weiss gar nicht ob es mehr als einmal im Leben war, aber es war eine sehr prägende Erinnerung – und ich denke das ist heute auch kaum mehr denkbar, dass man in Schaan ins Riet Schlittschuhlaufen geht.

"Seit der Vitaparcours und die Jogging- und Mountainbike-Wege ausgebaut wurden ist es noch immer ein wunderschöner Wald, aber es ist viel mehr Betriebsamkeit im Wald und mit den Wegen mehr Infrastruktur und Bänkchen. Heutzutage finde das eine tolle Sache aber damit hat sich auch vieles sehr stark verändert."
"Zum Aufwachsen in Balzers: Ich muss genau sein, es geht um Mäls. Das war früher ein grosser Unterschied, heute ist es ziemlich zusammegewachsen. Und ich kann mich noch erinnern, dass sogar das Schulhaus zwei Türen, links und rechts, hatte: Wenn ich als Mälsner auf der rechten Seite hineingegangen bin, wo die Balzner hineingehen, hat es schon einmal eins gegeben oder umgekehrt. Das sind Dinge, die einem einfach bleiben. Heute ist es viel mehr durchmischt. Und einfach gewachsen – mir fehlt das räumliche Konzept. Jeder hat auf seiner Parzelle das bauen, was er wollte."

"Wenn andere im Schwimmbad waren, waren wir im Riet am Jäten. Man ist alles zu Fuss oder mit dem Rad gegangen – heute werden sie einfach geführt. Der Verkehr ist hausgemacht. Und wenn ich Zeitung lese denke ich mir: Was soll das? Das ist doch am Problem vorbeigeredet."

"Wenn du zehn Jahre nicht mehr in Eschen warst und einmal wieder hinkommst denkst du dir nur: Oh mein Gott! Nur Villen, Häuser und…woher kommt das, frage ich mich."

"Ich bin froh, dass wir noch eine Landwirtschaftszone haben, die relativ rigide gehandhabt wird. Das heisst: nicht verbaut wird. Das regt die Leute zwar hin und wieder auf, wenn sie ein Gartenhäuschen aufstellen möchten, aber es ist wirklich noch offen.
Was mir auffällt ist, dass die Felder immer mehr zusammengelegt werden. Früher hat es kleine Parzellen gegeben. Dadurch hat sich dieses Fischmuster immer gegen die Gräben hin entwässert. Heutzutage wird längs dem Graben angesetzt, was aus der Sicht des Bauern logisch ist. Dadurch funktioniert aber unsere natürliche Entwässerung nicht mehr."

"Schaan habe ich aus der Kindheit als recht mysteriöses Dorf in Erinnerung. Es gab noch viele Ställe und Winkel, die gefühlt noch aus einer ganz anderen Zeit kamen. Die moderne, reiche Gesellschaft hat mit der armen, bäuerlichen Gesellschaft der Grosselterngeneration im Dorf koexistiert."

"Hier, wo wir jetzt sitzen, hatten wir, also meine Tante, früher Schafe. Das war so ein Platz: Hier unten ist immer das „Dampferle“ gestanden. Einen Affen hatte er, das war für uns der erste Affe, den wir gesehen hatten. Das war wie die Seefahrer, die zurückgekommen sind und einen Sack und eine Tätowierung hatten. Wir sind damals extra zum Tutti etwas kaufen gegangen und haben herübergeschaut was hier so laufe in diesem Haus.
Jetzt probiert man künstlich ein Kulturhaus daraus zu machen, aber damals war dieses Haus wirklich belebt. Am Abend musste ich mit Helen noch Schafe füttern in diesen Stall. Besonders gern habe ich das nicht gemacht. Das ist für mich so der grosse Unterschied – das ganz Viertel hier war damals noch etwas speziell."



Was für eine Landschaft haben wir?
Wie auch immer sich die Landschaft Liechtensteins entwickelt hat, man findet immer seine Orte und Nischen in denen man sich wohl fühlt. In der Runde wurde diskutiert wo oder was dies für jeden ist.

"Ich glaube, dass wir in Schaan auf einem guten Weg sind. Wir werden den Siedlungsdruck immer haben – alle wollen bauen und wieso soll ich einem das Recht zu Bauen nehmen wenn er ein Bödile hat?"

"Seit ich älter geworden bin und nicht mehr so steil aufwärts fahren mag gehe ich in die Schweiz über den Rhein und verbrauche die Ressourcen dort drüben, was auch nicht so schlecht ist. Die Landschaft in der benachbarten Schweiz ist für mich schöner als bei uns herüben. Hier geht es einfach gerade hinauf im Wald drinnen, sie haben mehr Böden, den Höhenweg von Sargans, es ist einfach bequemer. Das gefällt mir relativ gut, und dann kann man rüberschauen und sagen, bei uns ist es eigentlich auch schön."

"Rückzug und Ruhe ist für mich das Saminatal."

"Um mich zu erholen gehe ich gerne auf die Gafadura. In einer Stunde ist man oben, zumindest solange man noch bis zum Wasserreservoir fahren kann. So lange wird diese Beiz dort oben auch noch bestehen. Ich kann mich dort oben recht gut erholen. Auch am Rhein draussen kann ich mich gut erholen, auch wenn er eingeengt ist. Da habe ich wohl eine etwas andere Auffassung als andere. Das dritte Rückzugsgebiet ist für mich sicher zu Hause. Dass ich einfach auch Zuhause meine Ruhe finde. Das sind so die drei Orte, an denen ich mich gerne aufhalte."

"Am liebsten bin ich Zuhause. Wenn ich hinaus will gehe ich auf Seebisboden. Wo es ist sage ich euch natürlich nicht, sonst sind nachher alle oben und ich muss mir wieder etwas Neues suchen."

"Ich finde es schön, mitten im Rheintal zu stehen und diese offene Landschaft zu haben. Mit der Rheinaufweitung wäre es möglich  über Fahrradbrücken in die Schweiz zu joggen und auch die schönen Gebiete dort drüben besser zu Fuss zu erreichen."

"Mir gefällt sogar der Rhein weil ich ihn mir so gewöhnt bin. Die Rheinaufweitung würde mir sicher noch besser gefallen aber wir gehen sehr oft radeln und es gefällt mir gut so wie es ist.
Auch in Vaduz mitten drin würde ich gerne mal den Touristen sagen: Kommt einmal ins Haberfeld, das sind drei Minuten und du bist im vollen schönen Grünen. Auch die Gemeinde Vaduz macht manchmal etwas Gutes (lacht). Die Gemeinde hat hier einiges gemacht und tolle Sitzgelegenheiten angebracht. Das finde ich recht gut, gerade für Leute, die bei uns sagen „was soll ich hier…“, die würde ich gern da rausschicken. Ich gehe gerne ins Dorf und setze mich auf eine Gartenterrasse wenn ordentlich was läuft und mich stören auch alle Chinesen überhaupt nicht – im Gegenteil läuft endlich einmal etwas. Ich muss ja nicht mit allen reden, ich bin auch für mich glücklich. Und das ist, was mir fehlt: Dass alle nur noch Zuhause sitzen und eigentlich nicht mehr in den öffentlichen Raum gehen und diesen besetzen. Und gleichzeitig rufen, es laufe nirgends etwas. Es läuft immer extrem vieles, aber nicht, wenn ich Zuhause bleibe."

"Ich mag die Kirche St. Mamertus sehr, wenn wir spazieren gehen möchte ich immer dort hinauf gehen. In den Bergen gefällt mir Valüna sehr gut."

"Wir haben einen tollen Garten im Bofel, wo ich sehr viel Zeit zwischen Wiesen und Obstgarten verbringe. Sonst bin ich sehr oft in den Bergen unterwegs. Je nach Saison mit Ski oder laufen oder was auch immer – und immer anderswo."

Ein Rückzugsort ist für mich auch der Probekeller unter dem Johnny in Schaan, wo es von altem Rauch stinkt und wo man einen Abend in der Woche in eine andere Welt abtaucht.

Am liebsten bin ich schon Zuhause in der Hängematte. Das ist mein Platz, um den Feierabend zu geniessen. Sonst finde ich auch den Eschnerberg einen wunderschönen Platz. Auch wenn ich heute keine Hütten mehr baue gefällt es mir, das Kneipbädlein oder mich etwas hinzusetzen und den Wald zu geniessen.

"Der Garten ist ist mein Königreich, mein Rückzugsgebiet, dort gefällt es mir am besten. Wenn ich einmal auswärts gehe, dann gehe ich entweder tief hinunter in den Narrenkeller oder wenn ich noch Leute treffen möchte wie den Toni gehe ich zur Gartenkooperative.
Zum Wandern bringt mich meine Frau manchmal. Ist für mich nicht zwingend, ich habe es Zuhause schön. Ich kenne die Infrastruktur, weiss wo der Kühlschrank steht und das Bier kalt ist. Und hey, was willst im Leben? Ich bin Phlegmatiker und stehe zu meiner Faulheit."

"Mir ist die irrsinnige Zersiedelung zwischen den Ortsteilen in Altenstadt und Gisingen, von denen ich gesprochen habe, aufgefallen. Nicht nur Industriegebiet, auch Wohnsiedlungen, die je nach Bauherrschaft oder Bauträger ein Block so oder so hinkommt, dazwischen Kraut, Rüben und Einfamilienhäuser, es gibt kein Bild und nichts ab.
Es wuchert zu wie ein Schimmelpilz in einer Petrischale. Und ungefähr so schaut es auch aus. Es gibt keine Struktur. Es wird eine Agglomeration aber es hat keine Normalität – es wächst einfach alles zusammen.
Selbiges wenn du das Rheintal hinunter fährst: Die Ortschaften wachsen dermassen zusammen, dass man nur noch an den Ortsschildern erkennt, wo einen Ortschaft aufhört und die nächste beginnt. Auch dort gibt es keine Struktur.
Da gibt es auch keine richtige Raumplanung in dem Sinne, dass man sich überlegt wo man Zentren möchte und wo was sinnvoll ist. Es ist wildwuchs, das ist es, was mir auffällt."

"Für mich hat sich Schaan dahingehend verändert, dass es sich stark aufgeräumt hat und alles sehr glatt und hart geworden ist. Wohl weil die Gesellschaft ganz andere Ansprüche und Standards an ihren Lebensraum hat und wir es uns auch leisten können, jedes Stäubchen aufzuräumen. Die Mysteriösität von meinem Dorf ist verloren gegangen.

In Schaan darf man nicht vergessen, dass von 1963 an vom Tutti bis zum Lindenplatz auf der westlichen Seite eine Baulinie gemacht hat, und hat angefangen, Häuser abzubrechen, um die Strasse zu verbreitern. Das Land hat damals einen Haufen Geld ausgegeben, und ein Haus nach dem Anderen wegzubekommen. Wer von den Leuten, die hier waren, wo der Verkehr durchging, nicht schon alt und chorlos war, hat probiert irgendwo hinaus zu ziehen. Möglichst ins Grüne, wo es ruhig und schön ist, wo man am Waldrand sitzt. Hier im Dorf ist im Prinzip eine Kernfäule entstanden.
Heute wird relativ viel von Romantik gesprochen. Und was wir hier haben – unsere Aufgabe ist es, dass wir dieses Dorf wieder zusammenwachsen lassen, dass wir wieder einen Kern bekommen und dass die Leute einsehen, dass wir hier herinnen hoche Qualität gibt und nicht nur am Waldrand.

"Ich hatte das Gefühl, dass sich in Schaan mit der Einbahn schon vieles verändert hat. Früher kam der Weg zum Denner jedes Mal auf dem Weg zum Denner jedes Mal einer Nahtoderfahrung gleich – heute weiss ich, ich muss nur noch auf eine Seite schauen und finde es eigentlich relativ entspannt."

"Ich finde, es wird in die richtigen Bahnen gelenkt, und ich bin ziemlich optimistisch, dass Schaan sich zum Positiven verändert, also noch besser wird, mit der ganzen neuen Strasseninfrastruktur und so weiter. Aber diese Gefahr des politischen und wirtschaftlichen Drucks, dass wir die Bauzone erweitern, wird weiter da sein. Diesem Druck dagegenzuhalten wird eine unserer Aufgaben sein, die wir in nächster Zeit zu beachten müssen."

"Ich habe das Gefühl, dass wir die Vergangenheit etwas idealisieren und jetzt in neuen Umständen leben. Vom Bevölkerungszuwachs, der Industrie und allem hat sich sehr vieles getan – die grosse Aufgabe heute ist, dass wir diese Begebenheiten, in denen wir heute leben, auseinandersetzen und das beste daraus machen und nicht den Zeiten nachtrauern, in denen noch hinter jedem Haus ein Miststock stand.
Ob wir Leute ins Zentrum ziehen oder nicht ist für mich dabei sekundär. Wir müssen uns einfach wohl fühlen. Was ich sicher nicht will ist so etwas wie die Buchser Bahnhofstrasse: Am Tag kommst du kaum durch, am Abend ist sie völlig tot."

"Ich habe mir schon oft überlegt, wie es im Dorfkern sein müsste, damit ich hineinziehen würde. So zugepflastert wie Schaan heute ist, zieht es mich nicht gerade hinein. Ich bin der Überzeugung, dass der Mensch so nicht überleben kann. Schau es dir mal an: Klatschnackte Fassaden, da fühle ich mich wie in einem steriler Raum.
Ich gehe jetzt von mir aus aber ich bin auch der Überzeugung, dass der Mensch Mensch und kein Roboter ist. Als Roboter fühle ich mich wohl – aber wenn ich als Mensch durchgehe sehe ich nur Strassen und Fassaden. Ich sehe nicht aus einem Fenster eine Blume, die Bäume, die noch drinnen stehen, sind arme Tröpfe.
Für mich müsste es ganz sicher nicht so sein, wie es jetzt ist. So kahl. Wenn ich heute ein Haus betrete zeigt sich dasselbe Bild: Von oben bis unten alles offen, kaum ein Bild an der Wand…ich möchte mich auch zurückziehen können. So etwas ist für mich ein steriler Raum, in dem nicht gelebt wird. Hier wird gerobotert."
"Ich möchte daran erinnern – ich glaube die meisten von uns waren schon einmal im Süden in den Ferien – Innenstädte sind in den seltensten Fällen irgendwie grün, sondern gnadenlos hart. Als sie gebaut wurden, waren viele davon auch sehr steril, weil sie oft in einer Epoche gebaut wurden und nicht über Jahrtausende.
Sie sind mit der Zeit gewachsen und haben so ihren Charakter bekommen – manchmal braucht es auch Geduld. Seit gegenüber vom Café Wanger abgerüstet ist, habe ich wieder das Gefühl, das es wieder eine Chance gibt, dass etwas entsteht.
Ich brauche keine Bäume in Kübeln, die man im Winter hinausführt und im Sommer wieder herein und wenn man ein Karussell aufstellt, schiebt man sie auf die Seite. Auf diese Natur kann ich persönlich grad auch verzichten. Dann habe ich es lieber grad hart innen drinnen – grün habe ich genug rundherum.
Für mich muss es nicht grün sein in diesem städtischen kleinen Teil. Aber ich denke, man muss ihm auch Zeit geben. Schaan ist in ganz kurzer Zeit radikal umgebaut worden und die Atmosphäre braucht einfach etwas Zeit.
Ich bin auch nicht mit allem glücklich, was gebaut worden ist. Aber eine Atmosphäre entsteht mit den Jahrzehnten und Jahrhunderten."

Die Tendenz bei älteren Leuten ist eher ins Zentrum hinein als noch im eigenen Haus zu bleiben.

Ich lebe im Dorf und in fünf Minuten bin ich im Grünen, egal in welche Richtung ich gehe. Ich weiss nicht, wo man hinschaut, wenn man das nicht sieht.
Was für eine Landschaft wollen wir?

"Was jetzt wirklich wichtig und auch der Gemeinde ein Anliegen ist: Dass man nach innen verdichtet und nicht einfach nur die grünen Flächen verbaut. Und, dass wir auch ein neues Motto kreiert hat, nämlich «Schaan grünt». Ich glaube, dass man daran wirklich kreativ arbeiten muss. Das ist etwas, was wir unserer nächsten Generation geben müssen. Nicht nur riesige Bauten sein, die sicher auch ihre Berechtigung haben, sondern auch, dass wir zu unserer Natur schauen."

"Ich bin an der Landstrasse aufgewachsen und für mich ist das noch immer Horror. Irgendetwas muss da passieren – es muss auch lebenswert sein, wenn man in Zentrum wohnt."

"Die Mischung ist glaube ich das Geheimnis. Was aber sicher wichtig ist, ist, dass wir Bewohner von Schaan etwas für das Dorfleben tun. Ich sehe es bei mir selbst: Am liebsten wäre ich daheim im Garten aber ich muss einmal wieder raus und am Leben im Dorf teilnehmen."

"Für mich müsste es ganz sicher nicht so sein, wie es jetzt ist. So kahl."

"Ich wohne inzwischen in Triesen. Es gibt dort noch einen alten Kern und man wohnt dicht aufeinander. Wir haben aber auch ein sehr gutes Verhältnis zu unseren Nachbarn und machen zwei Mal im Jahr ein Fest, zu dem wir auch alle Nachbarn einladen.
Das ist eine Privatinitiative, an der wir unsere Gaudi haben. Viele Leute sagen uns, es wäre ihnen viel zu viel Aufwand oder viel zu anstrengend – hier scheint es perfektionistische Ansprüche zu geben, wie ein Fest zu sein hat. Vielleicht wäre so etwas auch schön. Wenn es 500 Meter weiter oben auch ein Strassenfest gäbe, würde ich eigentlich gerne hingehen. Vielleicht wäre das eine Möglichkeit, das etwas zu beleben."

"Das ist es, was es für mich braucht: Im Dorf leben und verdichtet bauen und draussen die Natur haben. Den Fünfer uns Weckle können wir halt nicht haben."

"Wir sind immer mehr Leute – und wir sind auch immer mehr Verkehr. Wenn man Vorsteher landauf, landab hört, exklusiv Planken, sind alle Vorsteher stolz, wenn sie wieder irgendwie Arbeitsplätze schaffen. Sei es mit Fabriken, Casinos oder Bürogebäude.
Und all diese Arbeitsplätze, Schaan hat inzwischen 9000 Arbeitsplätze bei 6000 Einwohnern, also 50% mehr Arbeitsplätze als Einwohner. Hier müsste man auch einmal eine Diskussion eröffnen, ob man auf Teufel komm raus immer mehr Arbeitsplätze schaffen möchte und noch mehr Mühe mit dem Verkehr haben- denn Arbeitsplätze heisst Verkehr."

Ich habe vor drei Wochen dieses 60+ bekommen und gestern bin ich dann 60 geworden. Zuerst bin ich erschrocken. Aber wenn ich hier in die Runde schaue sind auch jene, die ihre Meinung am meisten preisgeben, auch in diesem Alter. Ich habe noch das Glück, zwei junge Mädchen zu haben. Wenn ich ihre Zeit anschaue, verbauen wir ihnen im Moment in Schaan wahnsinnig viel. Und wenn wir im Moment diskutieren sind für uns immer Baukörper im Mittelpunkt.
Wenn man sich das anhört klingt es, als ob unser gesellschaftliches Leben nur indoor stattfinden könnte. Dort habe ich das Gefühl, dass wir zu viel planen und den Dingen keinen Lauf lassen. Wenn ich meine Mädchen frage, wollen sie nur chillen – sie wollen nicht, dass ihnen die Gemeinde irgendein Gebäude baut, in dem sie dann etwas basteln oder was auch immer können. Sie wollen einfach in Ruhe gelassen werden und irgendwo auf eine Treppe sitzen und dort vielleicht Zigaretten rauchen oder sonst etwas, was sie nicht dürften. Halt wie wir es in der Rüfe draussen hatten.
Und wir reden nur davon, dass wir bauen und gestalten müssen, für die nächste Generation. Ich habe das vielleicht 20 Jahre, das schaffe ich noch hier in Schaan. Aber was sie nachher haben: Sie müssen dann mit Baggern vorfahren, wenn sie einmal etwas verändern wollen. Wir konnten noch leicht abbrechen und neu aufbauen.
Aber die nächste Generation muss dann massiv dahinter, wenn sie etwas verändern wollen. Und das sehe ich nicht, dass wir ihnen alles vorgeben, was für sie nachher gut sein soll. Damit habe ich am meisten Mühe. Überhaupt hier im Land: Wir haben das Gefühl, wir könnten alles planen. Die Natur regelt nichts mehr, alles soll geplant und reguliert werden – damit habe ich am meisten Mühe.