der Rhein
Nach drei kurzen Vorträgen, welche verschiedene Positionen und Argumente für und wider die Rheinaufweitung darlegten, hatte das Publikum das Wort. Folgende Zitate stammen von Besuchern der Veranstaltung "der Rhein".

"Am besten richtet es immer noch die Natur selbst. Die Natur macht eigentlich keine Fehler. Dadurch, dass wir einen Fluss in einen Lauf zwängen, greifen wir massiv in ein Ökosystem ein und zerstören damit nachhaltig die Diversität darin."

"Entsprechend würde ich an einen zukunftsgerichteten Blick und unseren Mut appellieren, damit man einem solchen Projekt im Sinne der Nachhaltigkeit eine Chance gibt und sich nicht von vornherein von der  Angst treiben lässt, dass man Landwirtschaftsfläche verlieren könnte."

"Ich würde mir wünschen, dass man auch bei uns im Land Modellversuche wie in Vorarlberg durchführt, damit die Szenarien und Auswirkungen greifbar werden. Auch die Art, wie dort beim Rhesi-Projekt mit verschiedenen Interessenvertretungen Gespräche geführt, strittige Punkte ausdiskutiert und Lösungen gefunden wurden, hat mich total fasziniert."

"Was die Sicherheit angeht kann ich mir bei all den involvierten Fachleuten nicht vorstellen, dass es nicht funktioniert."

"Dass man der Natur etwas zurückgibt und es für die Natur gut ist, ist für mich klar. Dass die Frage der Sicherheit und des Landwirtschaftsboden viele skeptisch sein lässt, verstehe ich auch."

"Was die Sicherheit angeht, hat sich vieles getan, seit die bestehenden Dämme gebaut worden sind. Mit dem heutigen Wissensstand und unseren Möglichkeiten gehe ich davon aus, dass wir eine bessere Lösung finden können, als wir sie jetzt haben."

"Was das Land angeht ist das ein weiterer Aspekt: Wofür wollen wir unser Land einsetzen, das so begrenzt ist? Aber das ist für mich eine breite Diskussion, die man in diesem Land generell einmal führen sollte. Wofür wollen wir unser Land hergeben? Wollen wir es mit Häusern zubauen, mit Strassen zubauen, dem Rhein zurückgeben, für anderes benutzen? Hier ist eine Richtung von der Politik vorzugeben und mit der Bevölkerung zusammen zu eruieren, was wir mit unserem Land machen wollen. Auch für zukünftige Generationen."

"In der damaligen Situation hat es Sinn gemacht, diese Dämme so zu bauen. Hundert Jahre später kann man sich fragen, was in unserer Situation sinnvoll ist. Man hat dazugelernt und hat im Fachreferat gesehen, dass es heute bessere Lösungen gibt."

"Die Natur macht keine Fehler – es ist eine Dynamik, die in sich funktioniert. Wenn man die Rahmenbedingungen schaffen kann, dass die Dynamik in dieser Natur passen kann, haben wir vieles für die Biodiversität, für die Sicherheit und schliesslich auch für die Natur getan, die wiederum ein Naherholungsgebiet für uns sein könnte. Ich sehe hier eigentlich viele Vorteile."

"Damals hat man entschieden, den Fluss einzuzwängen, um Landwirtschaftsboden und andere Flächen dazu zu gewinnen. Seither hat man extrem gebaut. Unsere Wohnflächen sind extrem gewachsen, die Industrie hat sich ausgebreitet. Je länger je mehr wird ehemalige Landwirtschaftsfläche überbaut. Dem Rhein wurde auch vieles abgezwackt."

"Das darf man ruhig einmal wieder überdenken: Wie viel Fläche braucht eigentlich der Mensch und wie viel Fläche gräbt man der Natur ab? Früher hat man einfach abgegraben und abgegraben. Jetzt wäre es vielleicht auch mal wieder an der Zeit, lernen zu können und zu sagen, es wäre an der Zeit, der Natur etwas zurückzugeben."

"Aus meiner Sicht wäre das auch ein Gewinn für uns als Gesellschaft."

"Wenn ich 25 Jahre zurückblicke, waren die Rheinkraftwerke aktuell. Damals hätte man wenig Strom gewonnen. Schlussendlich hätte man fünf oder sechs Staustufen hineingebaut; der Fluss wäre zerschnitten worden und anschliessend tatsächlich tot gewesen."

"Heute, gottseidank, gibt es einen Paradigmenwechsel, man redet von einer Aufweitung. Ich wäre sehr dafür, dass man dem Rhein mehr Platz liesse. Aber eben: Wir haben es von Herbert gehört, es gibt gewisse Sachzwänge. Heute möchten die Leute gar alles,  Landwirtschaft etc."

"Wir müssen uns einfach überlegen, was wir möchten. Welchen Fluss wir wollen. Natürlich beeinflusst er – wie das Wort bereits sagt – uns zentral. Der Fluss ist und bleibt nach meinem Gefühl – und ich habe mich als Künstler eingehend mit seiner gestalterischen Kraft beschäftigt – eine unbekannte Grösse."

"Die Schwierigkeit bei dieser – jetzt noch –  Utopie sehe ich in der Koordination: wirklich sinnvoll wäre nur eine zusammenhängende, länderübergreifende Geschichte. Hier braucht es glaube ich schon ein grosses Umdenken und etwas Zeit. Es ist ein grosser Wurf, den man hier vor hat."

"Es braucht sich überhaupt niemand die Illustion zu machen, dass wir eine Natur zu schützen bräuchten. Die Natur hat es schon vor Milliarden Jahren gegeben, als wir noch nicht da waren – und es wird sie auch in Milliarden Jahren noch geben, wenn wir nicht mehr da sein werden."

"Die Natur – egal was wir heute tun – wird sich darauf einrichten. Aber: Egal was wir tun, es könnte sein, dass wir dann hier keinen Platz mehr haben, weil wir uns den Boden selber unter den Füssen wegziehen. Es muss überhaupt nicht sein, dass eine Rheinaufweitung gut oder schlecht ist – das kann ich als Nicht-Fachmann überhaupt nicht beurteilen."

"Aber eines muss klar sein: Der, der meint, dass er es in irgendeine Richtung beeinflussen sollte, muss es jetzt machen. Herr Elkuch hat es in seinem Referat kurz angesprochen, und das war mir schon wichtig. Er hat gesagt: Eine Rheindammsanierung ist nötig. Das heisst: Die Dämme sind auf gut Deutsch heut am kaputt werden. Das heisst, es muss irgendetwas getan werden, und das kostet viele Millionen."

"Und der, der meint, der Damm muss irgendwo anders stehen und der Fluss muss etwas mäandern oder der den Fluss am liebsten in ein Rohr unter den Boden verlegen möchte –  es können alle recht haben – aber der, den’s interessiert, der sollte jetzt den Arsch lupfen und sich einbringen. Nachher ist es zu spät. Das, was jetzt gemacht wird, wird für die nächsten hundert Jahre dann wieder da sein. Dann ist investiert und gebaut und es stehen alle da und sagen, so ist es jetzt. Jetzt wär die Zeit. Egal was."

"Aus der Perspektive einer Ausländerin: Als ich vor gut 10 Jahren nach Liechtenstein kam, habe ich mich wie in einem Kokon gefühlt. Liechtenstein ist von Grenzen definiert. Man hat die Berge auf der einen und den Rhein auf der anderen Seite. Ich bin wahnsinnig gerne am Rhein. Ich radle sehr gerne dort.
Aber: Mir ist dieses Gefühl geblieben, dass es einfach nur eine starke Grenze ist. Und ich finde, dass es auch eine Verbindung sein könnte, denn das ist es gewissermassen auch. Der Rhein verbindet mehrere Länder, und es gibt viele Stellen, die mit solchen Projekten von einer Grenze zu einem Verbindungselement werden könnten.
Ich finde, dass es Teil der Identität Liechtensteins ist. Momentan spricht es diese Sprache: Wir möchten klar getrennt sein von der anderen Seite. Das finde ich schade."

"Ich denke, dass es wichtig anzusprechen ist, dass wenn sich die Schweiz und Österreich schon so viele Gedanken und so viel Geld in ein Projekt investieren, es in unserer Situation mit unseren finanziellen Mitteln und dem vorhandenen Know-How feig wäre, in so einem Moment nicht mit auf den Zug aufzuspringen.
Wenn man einen Tunnel unter einem Meer, künstliche Inseln oder einen kilometerhohen Turm bauen kann, bekommen wir mit dem entsprechenden Willen und Engagement sicher auch einen Fluss renaturiert."

"Wir reden von Kulturland, von Landwirtschaftsboden, der hier verloren geht. Mir ist aufgefallen, dass als man den Damm aus Bauschutt zwischen Bendern und Schaan geschüttet hat, kein Mensch von den Bauern geredet hat. Man wollte einfach den Dreck loswerden.
Und jetzt nochmal eine kleine Anekdote zur Landwirtschaft aus dem Schaaner Gemeinderat vor rund 25 Jahren. Richard Schierscher und Noldi Frick waren damals beide im Gemeinderat. Damals wurde die Aufweitung der Industriezone diskutiert. Richard Schierscher, Landwirt, hat sich natürlich dagegen gewehrt, dass man aus Landwirtschafts- Industriezone machen wollte. Noldi Frick hat in einer kräftigen und nicht ganz falschen Antwort darauf entgegnet: «Wenn wir den Boden zubetonieren ist er länger gut als wenn ihr das Land vergiftet.»