Transkript der Veranstaltung
Zuerst machen wir eine Art Kennenlernrunde, in der jede und jeder von euch eingeladen ist, kurz etwas zu folgenden Fragen zu sagen:
Wo seid ihr aufgewachsen oder falls ihr nicht in Liechtenstein aufgewachsen seid: Wo habt ihr zuerst gewohnt in diesem Land?
Wir bitten euch, das graue Kärtchen zu nehmen und euch zu überlegen: Was sind Qualitäten, die euch in Erinnerung geblieben sind, was eure Umgebung ausgemacht hat? #00:05:22-4# 

Ich bin im Zagalzel in Schaan aufgewachsen. Meine ersten Erinnerungen daran sind, dass es ein sehr lautes Quartier war. Hauptsächlich war das zwei, drei Nachbarn geschuldet, namentlich zwei Geschwistern, die einen Bauernhof neben uns bewirtschafteten. Sie hatten ein bisschen eine Hassliebe zu einander und es ist öfter sehr laut geworden. Es gab aber auch Tiere und es war einfach viel lauter als heute. #00:05:55-6# 

Das zweite an das ich mich erinnern kann ist, dass ich mich gefühlt in allen Häusern bewegt habe, weil ich halt Gspähnle in anderen Häusern hatte. Heute spaziere ich natürlich nach dem Arbeiten nicht mehr so in andrer Leute Wohnung um zu schauen, ob noch jemand Lust zum Spielen hat. Das war ungefähr die Lebenswelt meiner Kindheit, wie ich sie in Erinnerung habe. #00:06:16-7#

Auf die Kärtchen schreibe ich: #00:06:49-8# 

Freier Zugang zu den Nachbarn. #00:06:51-6# 

Mehr Leben auf den Strassen. #00:06:57-9# 

Ich bin in Balzers, direkt neben dem Römerhof aufgewachsen. Das war damals ein eher neues Quartier mit vielen Familien mit Kindern in meinem Alter. Eine meiner frühen Erinnerungen ist, dass wir da durch alle Gärten und Strassen spaziert sind und auf der Strasse Räuber und Poli gespielt haben. Das ist so meine frühe Erinnerung: Dass viele Kinder im selben Alter da waren und man viel Zeit draussen verbracht hat. #00:08:02-5# 

Eine andere wichtige Erinnerung für mich ist der Föhn. Wir hatten grosse, hohe Birken vor dem Haus, von denen eine auf ca. 2 m eine Gabelung hatte. Wenn es geföhnt hat bin ich wahnsinnig gerne in dieser Gabelung gesessen. Die Mama hat das weniger gern gesehen aber ich fand das super. #00:08:25-3# 

Ich bin in Mauren aufgewachsen. Meine Erinnerung ist, dass man als Kind sehr viele Freiheiten hatte. Man konnte in den Wald hinauf oder in das Riet hinunter gehen, wohin man gerade Lust hatte. Ich habe das Gefühl, dass sich das etwas gewandelt hat gegenüber heute, dass wir als Kinder mit dem Rad irgendwo waren und sich niemand gross Gedanken gemacht hat. #00:08:58-5# 

Ich bin ziemlich Mitten in Schellenberg zwischen einem Hotel, unserem Garten und dem Wald aufgewachsen. Mir ist die Ruhe in Erinnerung geblieben, die wir dort bis heute haben. Auch der Garten und der Wald als Spielplatz und die Wiese rundherum und die Obstbäume sind so Erinnerungen an den Ort, an dem ich meine Kindheit verbracht habe. #00:09:41-2# 

Im Schulalter sind wir damals von Schaan nach Ruggell gezogen und ich bin hauptsächlich in Ruggell aufgewachsen. Wir haben dort am Ortsrand gebaut und gewohnt, wirklich im Grünen könnte man sagen. Es hat sich klein und verlassen angefühlt. Wenn ich am Abend nach Hause gefahren bin gab es noch keine Strassenbeleuchtung und man spürte wirklich, dass man quasi ausserhalb des Dorfes lebte. #00:10:05-7# 

Wenn ich es heute anschaue hat es sich wie in vielen anderen Gemeinden gegenüber meiner Kindheit wirklich stark verändert. Die einst einsame Umgebung meines Elternhauses ist ein Teil der Gemeinde geworden und es ist heute ein ganz anderes Gefühl dort zu sein. Es hat sich wirklich stark verändert. #00:10:27-2# 

Ich kann mich auch gut erinnern, dass wir viel im Garten und auf der Strasse waren und uns gefühlt als Woge von Kindern von einem Garten in den anderen bewegt haben. Wir waren viel mehr auf der Strasse, als man heute Kinder auf der Strasse sieht. #00:10:53-8# 

Meine andere Erinnerung an die Kindheit ist sehr eine starke Langsamkeit. Wenn ich mich daran erinnere, wie wir in die Schule gegangen sind – keine Ahnung, welche Ewigkeiten das gedauert hat – hat man noch jede Schnecke angeschaut. #00:11:30-3# 

Ich bin in Triesen aufgewachsen. Hinter unserem Haus in der Dorfstrasse gab es ein grosses Feld, einen Weingarten und viele Bäume. Das ist mir schon geblieben, dass man diese Nähe zur Natur hat. Jetzt lebe ich seit zehn Jahren in London, wo man den Zugang zu solchen Orten weniger hat. #00:12:12-7# 

Ich bin in Balzers im Dorf aufgewachsen.
Und wo ist das Dorf vor 97 Jahren gewesen? 
Von der Post bist zum Beck Heim hinüber. #00:12:55-2# 

Wie hat das Dorf damals ausgesehen? #00:13:00-4# 

Einiges ist noch ähnlich – das Höfle ist nicht mehr und auf der anderen Seite der Sele Tone ist nicht mehr, das ist neu. Sonst sind eigentlich alle noch gleich. Und das vom Schuhmacher Hasler ist ja damals mit dem Hotel Post abgebrannt... #00:13:34-3# 

Ich habe meine ersten sechs Jahre am Triesenberg gewohnt und zwar im Täscherloch. Ich kann mich ganz gut erinnern, das Haus steht heute noch. Es hat unten so riesige Steinmauern, dann musste man über die Stiege hinauf und dort oben war dann das Haus und neben dem Haus war eine riesige Wiese über die wir im Winter mit dem Bob hinuntergefahren sind. #00:13:58-1# 

Ich bin in Balzers oder Mäls in einer Quartierstrasse aufgewachsen. Wir haben auf der Strasse Fussball gespielt und dabei sogar Goals ausgestellt und die nie wegnehmen müssen. In die Schule gegangen bin ich unter dem Schloss und nach Hause immer über das Schloss. Das sind meine Erinnerungen an die Jugend.

Wenn ich heute bei meinen Eltern bin ist das Elternhaus eigentlich das Einzige, das noch dort ist. Es sind nur noch Blöcke ringsherum, keine Kinder mehr auf der Strasse und ein Haufen Autos. Das sind so meine Erinnerungen und meine Wahrnehmung von jetzt.
 #00:14:48-2# 

Ich bin in der Stadt Zürich aufgewachsen und nach meiner Ausbildung hier ins Land gekommen. Seit gut 45 Jahren wohne ich nun in Mauren und arbeite in Vaduz. Für mich war es schön, wie persönlich es damals in Mauren noch war. Es hat noch eine Kommunikation zwischen den Nachbarn stattgefunden, man ist bei den Nachbarn ein und ausgegangen, das habe ich aus der Stadt so nicht gekannt. Inzwischen ist es auch etwas anders, da die meisten so einen Code an der Türe haben und das dann eine ziemliche Hemmschwelle fürs ein- und ausgehen darstellt. #00:16:13-8# 

Ich bin in Balzers unter dem Schloss, eigentlich fast im Zentrum aufgewachsen. Damals stand das Altersheim noch nicht, es war ein riesiger Bongert, in dem wir und unser Feld waren und in dem wir uns oft aufgehalten haben. Einer unserer Tummelplätze war auch das Schloss. Man hat im Schlosswald wirklich alles gekannt und jeden Stein erforscht. Da ist man dann auch mal wo hinein, wo man nicht hätte sollen. Eine andere Erinnerung war eigentlich auch, dass es keine geschlossenen Türen gegeben hat – man konnte überall hinein. Auch mein Elternhaus war nie geschlossen ausser vielleicht in der Nacht. Das ist mir gut in Erinnerung geblieben. #00:17:06-7# 

Ich bin an der Palduinstrasse am Dorfrand aufgewachsen. Hinter uns war die Allmeind, das ist eine prägende Erinnerung, weil wir doch nicht wenig Zeit auf der Allmeind bis zum Wald, zu den schönen Buchen hinauf, verbracht haben. Eine weitere prägende Erinnerung ist die Bauernkultur, die ich aus meiner Zeit als Kind noch in Erinnerung behalten habe. Diese war damals noch sehr ausgeprägt und über das ganze Dorf verteilt, mit Nana und Neni habe ich beispielsweise noch viele Kindheitserinnerungen aus den Bongerten draussen, die man heute gar nicht mehr so richtig zuordnen kann. #00:17:59-2# 

Ich bin in Balzers aufgewachsen, mitten drin im Züghüsle, wo ich jetzt auch wieder wohne. Arbeiten tue ich jetzt hier, also der Bewegungsradius hat sich eingeengt. Wenn ich an meine die Zeit meines Aufwachsens zurückdenke kommt mir der Durchgangsverkehr von damals in den Sinn. Die meisten haben ja jetzt eher von ländlichen Gegebenheiten erzählt, ich bin an einer Hauptstrasse aufgewachsen, die Autobahn gab es noch nicht und der Verkehr ist direkt bei uns vorbei über die Luziensteig gegangen. Das war für uns immer so eine Grenze: Geht nicht auf die Strasse Kinder! Auf keinen Fall…das ist so ein bleibendes Erlebnis neben den alten Häusern, den Ställen, wo man auf den Heustock und auf dem Traktor herumturnen, wie man wollte. #00:18:50-4# 

Viele Läden hat es um das Züghüsle auch gegeben, das Lenele hat es schon gesagt: Der Beck Heim, der Hoop ist dort gewesen, der Schuhladen, die Post, der Sattler, eine Schmetta hat es gegeben, einen Friseur, zwei Beizen, auf engem Raum also sehr viel Leben, das man heute beispielsweise im Zentrum gerne wieder hätte.
Und natürlich die Leute: man ist ein und ausgegangen bei allen Nachbarn, Klingeln hat es gar keine gegeben, die Haustüren waren nie geschlossen. #00:19:21-6# 

Ich bin in Triesen im Oberfeld aufgewachsen. Damals ist unser Elternhaus dort noch ziemlich isoliert gewesen, das Oberfeld war noch eine Kiesstrasse und wir hatten noch eine eigene Grundwasserpumpe und einen eigenen Güllenkasten, damit wir dort überhaupt leben konnten. Als Kind war das natürlich super, weil wir Türckenfelder umgeben waren und wenn die abgemäht waren hat man dann Schlachten gemacht mit den anderen Banden und einander die abgemähten Türcken auf den Grind geschlagen. Ihr müsst halt einmal ins Oberfeld fahren, dann seht ihr, wie es etwa aussieht, Türcken gibt es nicht mehr viel dort. #00:20:09-8# 

Ich bin in Planken aufgewachsen und kann mich auch noch stark daran erinnern, dass wir einfach oft draussen waren. Man ist mit den Leuten unterwegs gewesen, die es halt gegeben hat in Planken – alle Kinder mussten fast zwangsläufig Freunde sein. Die Familie ist eine andere starke Erinnerung. Und es ist halt alles noch sehr klein gewesen. Das sehe ich auch heute noch bei meinen Nichten und Neffen nur dass sie im Gegensatz zu uns nicht mehr auf der Strasse am Spielen sind.
#00:20:46-9# 

Woran ich mich auch noch gut erinnern kann ist der Skilift in Planken, das war immer cool im Winter. Der läuft glaube ich noch immer, das ist auch eine schöne Erinnerung. #00:21:05-7# 

Ich bin im Lowal oben in Balzers aufgewachsen. Meine Kindheitserinnerungen spielen sich auch an und auf der Strasse im ganzen Lowal ab und unser Haus und unser Garten ist auch ganz eine prägende Erinnerung. Im Sommer hat sich die ganze Quartiersbande ohne elterliche Betreuung getroffen, das fanden wir sehr cool und sind wirklich draussen gewesen, bis man nichts halt nichts mehr gesehen hat. Das ist sehr prägend gewesen. #00:21:49-7# 

Wir haben eine Kinderküche gehabt und mit dem Gras von nebenan aus der Wiese haben wir dann stundenlang Siebengangmenüs zubereitet. Also es hat sich wirklich alles recht im Quartier mit den Kindern von dort abgespielt. #00:22:11-5# 

Ich bin in der Eschnerstrasse in Schaan aufgewachsen. Ich erinnere mich, dass wir viel mit den Kindern des Quartiers auf der Strasse waren. Auch die Natur ist mir stark in Erinnerung geblieben, weil ich oft mit dem Papa spazieren gegangen bin. Über das Schwarze Strässlein hinunter waren wir gleich im Riet. Sonst haben wir fast jede freie Minute auf dem Tennisplatz in Schaan verbracht, wo der Wald direkt daneben ist, deshalb sind mir auch die Zecken noch ziemlich stark in Erinnerung geblieben. #00:22:51-7# 

Ich bin auch in der Lowal aufgewachsen. Eine Kindheitserinnerung ist, dass wenn irgendwo ein Haus gebaut wurde und sie den Aushub gemacht haben es einen Dreckhügel gab und wir Kinder immer auf den Dreckhügeln herumgerannt sind. Es hat niemand etwas gesagt, dass man das nicht dürfe oder dass die Baustelle irgendwie abgesperrt sei oder so. #00:23:11-0# 

Auch geschliefert sind wir im Winter sehr viel mit den Gummistiefeln. Wir sind damals wirklich mit den abgelaufenen Sohlen und den Gummistiefeln in die Schule geschliefert. Sonst haben wir auch viel Zeit auf der Strasse verbracht. Wir sind mit der Familie nie in die Ferien gefahren, die sechs Wochen Sommerferien haben wir immer zuhause verbracht und dabei einen Haufen Kinder um uns herum gehabt, weil die anderen auch nicht oder höchstens einmal eine Woche ins Malbun in die Ferien gegangen sind. Somit ist die Strasse in den Ferien ein richtiges Kinderquartier gewesen und auch sonst hat man viel Zeit draussen verbracht. #00:23:54-0# 

Ich bin auch in Balzers eine Strasse unter der Lowal aufgewachsen. Das war kein Kinderquartier, deshalb bin ich immer zur Lowal hinauf und ich kann mich daran erinnern, dass man immer draussen war. Schnitzeljagd haben wir gespielt und auch Räuber und Poli war immer toll. Und wie es bereits erwähnt wurde war es einfach cool dass es keine Zäune zwischen den Gärten gab. Man ist einfach überall willkommen gewesen. Bei ihr bin ich auch oft gewesen, wir haben den Garten umgegraben. Das hat mir einfach gefallen, man war miteinander draussen, am Abend hat es einen Pfiff gemacht und man wusste, jetzt muss man Abendessen gehen. #00:24:40-7# 

Ich bin im Schlossweg aufgewachsen. Das ist hier. Wir sind hierher in die Sennerei und zum Marile alles andere holen gegangen. Damals war es eine Sackgasse und jetzt ist es eine Umfahrungsstrasse, also es ist ein ziemlich krasser Unterschied zu früher. Es war einfach so eine Kiesstrasse hinaus bis zum Rhein. Dort hinaus ist man mit dem Radanhänger gefahren, um den Abfall über den Rheindamm hinunterzuwerfen. Das ist der Ablagerungsplatz gewesen, mit alten Kühlschranken und was man sich vorstellen kann, dort ist alles irgendwo darunter. Wie es in anderen Ländern noch heute praktiziert wird hat man dort einfach alles hinuntergeworfen. #00:25:29-2# 

Mit dem Wachsen ist der Radius immer grösser geworden. Am Anfang sind wir einfach oft in unserem Bongert gewesen, bei den Obstbäumen, beim Herdöpfelfeld und dann hat es noch eine schöne hohe Wiese gegeben, die selten gemäht wurde. Ich bin etwa gleich gross gewesen wie das höchste Gras und die Wiese hat bis zur Balzers AG gereicht, wie sie damals geheissen hat. Dort hat man dann Böcklegumpa gemacht über die Hööbördile, und gehofft, dass sie sie möglichst lange liegen lassen. Die haben sie halt auch immer wieder machen müssen, wenn wir es nicht ganz drüber geschafft haben. #00:26:19-3# 

Mit der Zeit hat es dann eine geteerte Strasse gegeben, den Alberweg. Als wir dann im Primarschulalter ein Fahrrad hatten, durften wir dort dann radfahren gehen, die Strasse hin und her. An das Sauaköbile erinnere ich mich auch noch. Als wir selber noch Sauen hatten, hat man das dann einfach den Sauen nach hinten in den Schopf bringen müssen. Als wir dann keine mehr hatten hat man es den Nachbarn gebracht, die noch Sauen hatten. Dann ist man dann halt mit dem Sauaköbile die Strasse nach vorne gegangen und hat es abgegeben. #00:26:52-7# 

An unsere Streifzüge kann ich mich auch noch gut erinnern. Wir sind dann immer weiter gegangen, in die Felsen hier, die Runde ist immer grösser geworden und wir haben uns immer weiter weg getraut von Zuhause. Und Fäärlehosa habe ich gehabt – mit denen durfte ich machen, was ich wollte – mein Bruder und ich hatten Fäärlehosa zum ummafäärla. Die Umfahrungsstrasse ist damals noch sKrottabächle gewesen. #00:27:25-9#

Ich bin in Triesen in der Feldstrasse aufgewachsen. Wir waren das letzte Haus von Triesen, von Balzers kommend das erste Haus. Das ist etwas, was mir wahrscheinlich das Leben lang abgehen wird. Wenn man bei der Küche hinaus geht ist einfach eine Wiese – also eine Wiese: bis ins nächste Dorf ist praktisch kein Haus. Dieser freie Blick, den man sonst eher hat, wenn man in den Bergen unterwegs ist, der aber hier im Land unten je länger je mehr eingeschränkt wird. #00:28:30-8# 

Jetzt wohne ich in Balzers und bin hier mitten drin, wirklich mitten drin im Schlossweg oben. Das ist für mich der grösste Unterschied. In der Kindheit ist es mir gleich gegangen wie fast allen hier. Die meisten sind irgendwie zuhause gewesen, man hat sich Zuhause beschäftigt. In unserem Quartier hat es zum Glück viele Kinder gegeben, viele Kollegen, wir waren hinter dem Haus am Skifahren und haben dort einen eigenen Quartierfunken gehabt. An der Fasnacht hat man immer etwas gemacht, das hat man eigentlich immer alles gemeinsam gemacht. So in den Siebzigerjahren waren wir da alle – zehn-fünfzehn Kinder in meinem Alter – mit denen ist man eigentlich immer unterwegs gewesen. Das ist so meine prägendste Erinnerung. #00:29:28-4# 

Ich bin im Schellenberg am Wolfsböchel aufgewachsen. Das ist eigentlich im Zentrum aber immer noch sehr ruhige Wohnlage. Eigentlich ist es recht gemütlich gewesen, neben dem Wald, recht oft waren wir Hütten bauen. Die Autos und die Strasse haben eigentlich nicht grossartig gestört. Es war eine schöne Kindheit mit den Kollegen. Wir waren eigentlich immer im Wald. #00:30:12-8# 

Jetzt kommen wir zum zweiten Kärtchen und der Gegenwart etwas näher. Unsere Fragen an euch für diese Runde sind: Wo wohne ich jetzt? Und zweitens kann man jetzt relativ frei formulieren, was einem zu seinem Glück fehlt oder man sich vielleicht wünschen würde. Es kann relativ frei und muss auch nicht realistisch sein. #00:32:44-8# 

Etwas, das mir abgeht – und deshalb sitzen vielleicht teilweise auch hier, weil es Toni ähnlich gegangen ist – ist, dass die Diskussionskultur im Land nicht die beste ist. Was man bei der S-Bahndiskussion auch wieder gespürt hat ist, dass die Diskussionen vielfach nicht auf gegenseitigem Respekt basiert. Und da habe ich das Gefühl, dass das noch wichtig wäre. #00:33:08-4# 

Das zweite, was ich mir wünschen würde – ich habe auch eine Zeit lang im Ausland und da auch in Städten gewohnt – und dann kommt man zurück und hätte gerne eine Stadt. Das bekommt man dann natürlich nicht, aber trotzdem fände ich es schön, wir etwas von der neuen Typologie der grossen Blöcke wegkommen würden. Vieles davon ist im Gesetz festgeschrieben, wie es jetzt halt weitergebaut wird. Ich bin in Schaan aufgewachsen und wohne jetzt in Triesen und würde mir wünschen, dass man auch in Liechtenstein vielleicht experimentellere Räume hat, in denen man sogar sehr städtische, dichte Quartiere bauen kann, die dann aber nicht so rauskommen wie das Schaaner Zentrum jetzt sondern etwas, das mich wirklich an eine Stadt erinnert. Das würde mich sehr freuen und ich würde sofort hinziehen. #00:34:06-7#

Also: Eher städtisch und eine bessere Diskussionskultur. #00:34:15-6# 

Ich wohne noch immer oder besser gesagt wieder in Balzers. Ich bin zwischendurch auch ein paar Jahre weggewesen und habe auch in Städten gelebt. Ich würde mir in Balzers einen Badesee wünschen. #00:34:46-4# 

Da musst du in meine Kommission kommen. #00:34:52-3# 

Meinst du ich müsste mal jemanden im Gemeinderat fragen? Das wünsche ich mir. Und was ich mir auch wünsche ist, dass man etwas von dieser kleinräumigen Denkweise wegkommt von „mir in Balzers und die in Triesen und die in Vaduz unten und die Unterländer gehen uns sowieso nichts an“. Dass man versteht, dass das ein Raum ist, der sich miteinander entwickeln muss. #00:35:25-2# 

Und was ich mir auch für die Planung und die Art des zukünftigen Bauens wünsche ist, dass man weg von den Vorschriften kommt, wo alle über den gleichen Kamm geschert werden. Beispielsweise muss jeder Mensch, der ein Haus baut, mindestens zwei Parkplätze vor dem Haus haben. Es gibt aber vielleicht Leute, die bewusst kein Auto aber trotzdem ein eigenes Haus haben möchten – die müssen dann trotzdem zwei Parkplätze bauen. Statt so kleinräumigem Denken wünsche ich mir ein Stück weit individuellere Möglichkeiten, kreativere Gestaltungsweisen, wo man nicht mehr alles über einen Kamm schert. Die kreativer sein können und auch einer nachhaltigen Entwicklung Rechnung tragen. #00:36:23-3# 

Ich wohne jetzt in Schaan. Ich bin von Mauren ins Oberland gezogen und finde auch, dass wir uns als Land und nicht als Mauren, Balzers, Schaan oder was auch immer verstehen sollten. Was ich in unserem Land etwas vermisse ist ein Gesamtkonzept, dass wir eine Gesamtplanung haben, was wir eigentlich wollen. Jedes Dörflein macht so ein bisschen was es will, macht seine Industriezone, und seine eigene was auch immer Zone – dass man hier etwas gemeindeübergreifender denkt und uns als Raum und nicht nur als Dörfer verstehen fände ich wichtig. Dass man schaut, wo es sinnvoll ist dies oder jenes zu haben und dass nicht einfach jeder alles macht. #00:37:06-0# 

Zum Bauen an sich finde ich – ich sehe das ähnlich wie der Vorredner: Diese gesichtslose Blöcke, die wir jetzt überall hinstellen, die relativ phantasielos sind und auf der anderen Seite Einfamilienhäuschen, bei denen ich dann auch denke, diese Einfamilienhäuschen halten in der Regel vielleicht auch eine Generation und werden dann wieder abgerissen. Vielleicht könnte man hier auch etwas weitsichtiger planen, dass man Häuser baut, die man erweitern kann wenn man eine Familie hat und die man wieder anders aufteilen oder verkleinern kann, wenn man nur noch zu zweit ist. So als Idee: dass man etwas modularer und einfach weitsichtiger baut. #00:37:50-4# 

Ich bin jetzt auch wieder zurück in Schellenberg, nachdem ich zehn Jahre in Wien und an anderen Orten verbracht habe. Ich habe vorher auch noch etwas mit Luis geredet und man kommt immer wieder auf ähnliche Wahrnehmungen. In Wien bin ich recht oft eine halbe Stunde an einen Ort gefahren aber es ist mir nicht so vorgekommen, als ob ich einen anderen Raum betreten würde. Vom Schellenberg fühlt sich alles etwas wie eine Weltreise an. Wenn ich mit dem Rad 20 Minuten fühlt es sich an, als ob ich einen anderen Kosmos betreten würde, auch wenn ich nach Schaan fahre, nach Balzers sowieso. #00:38:48-6# 

Auf der einen Seite finde ich es sehr schön, wieder zurück zu sein und geniesse die Ruhe und die Leute um mich herum. Aber diese Erfahrung, alles in fussläufiger Distanz zu haben, das ich in meinem Alltag brauche, habe ich in Wien sehr schätzen gelernt. Das fände ich recht schön, wen das in Liechtenstein an einem Ort auch so wäre. So einen Urbanen Raum, der rundherum auch wieder Platz für anderes machen würde – ein bisschen eine konsequentere Entscheidung in gewisserlei Hinsichten vielleicht statt diesem „ein bisschen dichter hier“. #00:39:50-3# 

Es ist noch schwierig – mir kommt alles mögliche in den Sinn. Was mir aber in letzter Zeit manchmal durch den Kopf geht: Ich frage mich je länger je mehr, ob uns das viele Geld, das bei uns im Land ist, gut tut. Ob nicht viele gute, einfache Ideen ausgebremst werden. Man hat die Tendenz wirklich mit der grossen Kelle anzurichten, auf der Seite des Landes und der Gemeinde einen Haufen Projekte zu machen aber manchmal frage ich mich schon – das ist jetzt meine Wahrnehmung – ob das wirklich immer grad das wünschenswerteste ist. #00:40:31-8# 

Hier wird dann irgendwann der Dorfplatz zur Abstimmung kommen. Da habe ich es auch noch eine gute Idee gefunden, als einer gesagt hat, man könnte einfach zwei Pfosten mitten in die Strasse stellen, dass hier keine Durchfahrtsstrasse mehr wäre. Die Mälsner könnten von dieser Seite herfahren und die Balzner von dieser aber dass sich dieser Raum etwas füllen könnte und nicht einfach nur durchgefahren wird. #00:41:08-5# 

Einfach mal schauen, was passiert. Eine gute Idee, für die es nicht viel Geld bräuchte. Das ist  jetzt grad ein aktuelles Beispiel aber für mich stellt sich im ganzen Land etwas die Frage, ob das viele Geld nicht viele gute Ideen im Keim erstickt, wo eben vieles auch anders möglich wäre, wenn man nicht immer aus dem Vollen schöpfen könnte. Wenn man mit dem, was da ist einfach das Bestmögliche machen würde. #00:41:58-0# 

Ich wohne mittlerweile in Gamprin und habe ich auch mehrere Jahre im Ausland gelebt und dort das städtische Leben auch etwas kennengelernt. Was mir etwas abgeht ist eben diese Art von städtischem Leben oder Dorfleben sage ich jetzt mal: Dass man aus der Wohnung hinausgeht und in den öffentlichen Wohnraum geht wo man Leute trifft, wo etwas los ist, etwas passiert. Das merke ich in Gamprin selber: wir gehen oft spazieren, gehen dann hinaus und finden oft nicht so viel, weil das Dorf von vielen Einfamilienhäusern und privaten Gärten geprägt ist. Es ist alles sehr privat. Und man hat das Gefühl, dass es nicht so richtig das Dorf ist, was man sieht. #00:42:42-1# 

Wobei wir das Glück haben, dass wir den Badesee ja haben. Dort ist es tatsächlich so, dass sich eine Art Treffpunkt entwickelt hat, wo man hingeht und zufällig Leute trifft. Das schätze ich sehr. Das fände ich schön, wenn es mehr so öffentliche Wohnzimmer gäbe, wo man hingehen kann und vielleicht jemanden trifft. Das ist schon etwas, das mir hier etwas fehlt. #00:43:13-5# 

Ich habe die gleichen beiden Punkte wie du. Ich bin seit ein paar Jahren regelmässig einmal die Woche im Coworkingspace in Vaduz. Wenn ich dort bin treffe ich immer wieder Menschen und es sind schon sehr interessante Gespräche entstanden. Ich würde mir so einen Ort wünschen, wo es ein Café gäbe, man aber auch arbeiten könnte und wüsste, dass dort ein paar interessante Leute gibt und man vielleicht jemanden trifft. So einen Ort wo man einfach hinsitzen, einen Kaffee oder ein Bier trinken aber auch zum Arbeiten hingehen kann und das zum Austausch einlädt. Da bin ich im gleichen Dilemma wie du. #00:44:08-8# 

Das andere, was mir konkret auffällt, ist, dass sich viele Gebäude gegen aussen abschotten und dass man hohe Mauern baut. Ich arbeite derzeit in einem Gebäude, wo man uns regelmässig fragt, ob wir das wären, die in diesem Gefängnis arbeiteten. Und das ist genau das Gefühl, das man auch drinnen hat: Man ist gegen aussen komplett abgeschlossen und es gibt nichts, das Kontakt nach aussen erlauben würde. Das finde ich extrem schade, dass man sich diese Möglichkeit mit vielen Mauern etc. verbaut – man will diese Privatsphäre aber das verhindert auch vieles. Und ich wohne in Triesen, wieder in der Nähe von Luis. #00:44:52-5# 

Ich wohne jetzt schon eine Weile in London. Das ist natürlich ein ziemlicher Unterschied zur Triesner Dorfstrasse. Was mir immer auffällt, wenn ich ins Land komme, ist der Bezug zu den Distanzen. Oftmals rede ich mit Leuten, die eine Wohnung suchen und sagen: Ich suche nur in diesen beiden Gemeinden, weil die anderen mir zu weit wären. Dann denke ich schon manchmal „Ok?“. Natürlich gibt es genug Wohnungen aber diesen Bezug finde ich dann schon interessant. #00:45:28-8# 

Ähnlich geht es mir auch mit dem Verkehr. Dass Leute mit dem Auto gehen, obwohl man mit dem Bus vielleicht fünf Minuten länger bräuchte – dieser unterschiedliche Bezug zu Aufwand und Distanzen fällt mir immer wieder auf, das finde ich schon recht interessant. #00:45:56-1# 

Ich wohne auch in Schellenberg, nachdem ich eine Zeit lang in Ruggell war. Mir ist es im Vergleich zu Städten aufgefallen, wie ruhig und gemütlich alles ist. Ich gehe sehr gerne zu Fuss von Schellenberg nach Mauren zur Bushaltestelle, wenn die Linie 33 nicht mehr fährt. In Mauren gibt es ausserdem überall Brunnen, was ich sehr unterstützenswert finde. Das könnte man im Rest des Landes sicher noch ausbauen. #00:46:20-7# 

Auch was den öffentlichen Verkehr angeht finde ich das Land sehr gemütlich, auch dass teils Busse länger fahren. Ich schätze die Ruhe schon sehr, die vor allem in Schellenberg noch sehr intakt ist und dass es dennoch recht gut an betriebsamere Orte angeschlossen ist. Das könnte man eigentlich so beibehalten – und mehr Brunnen bauen. #00:46:58-0# 

Ich wohne seit sehr vielen Jahren in einem ganz alten Haus ohne grossen Komfort. Ich habe beispielsweise keine Zentralheizung, sondern einen Kachelofen. Ich lebe bewusst dort, weil es mir gefällt zu spüren, dass man noch eine gewisse Unabhängigkeit hat und man nicht auf sämtliche Technik angewiesen ist. Ich wundere mich heute oft wenn Leute bauen, was die für einen Luxus haben. Da frage ich mich oft, ob es das alles braucht. Das ist mir etwas suspekt, dass Menschen scheinbar nur noch glücklich sind, wenn sie einen elenden Luxus haben. Das kann ich nicht so richtig nachvollziehen. #00:47:48-0# 

It’s a very different life to London. A lot of positives, some negatives but I wouldn’t change it yet. I’ll let you know. #00:48:30-7# 

Lena und ich wohnen in derselben Strasse, Bongerten. Das Haus in dem wir wohnen hat Zentralheizung aber wir haben nur ein Bad. Meine Kinder sagen oft das wäre eine Katastrophe, nur ein Bad. Aber wir kommen gut um einander herum. #00:49:12-9# 

Was mir eher fehlt ist so etwas wie heute Abend, Treffpunkte. Wie es Laura und andere schon gesagt haben fände ich es schön, wenn es Orte gäbe, wo man einfach spontan hingehen könnte. Darum fände ich es toll wenn junge Leute so Ideen haben wo sie wieder einmal Leute zusammen bringen. #00:49:33-8# 

Sie haben nicht mehr derweil, die Jungen. #00:49:42-5# 

Doch jetzt sitzen wir ja grad hier.
Und in Triesen war das auch so toll als sie die Sonne noch für zwei Wochen belebt haben, bevor sie abgerissen wurde. #00:50:01-0# 

Ich bin noch immer in Balzers, einfach von Mäls nach Balzers hinunter gezogen. Ich bin nie von Balzers weggegangen. Wunsch habe ich eigentlich keinen aber es geht mir gleich: Früher hat man miteinander getan und so kommt man einfach weiter, miteinander kann man einfach mehr bewerkstelligen. #00:50:28-7# 

Was ich etwas vermisse ist die Weite, die wir früher hatten. Früher waren wir wirklich immer draussen und es gab Wiesen etc., jetzt ist halt alles etwas zugebaut. Das stört mich etwas. Viele Probleme die wir haben, sind auch Luxusprobleme. Manchmal könnte man Dinge auch etwas einfach lösen und eine Stufe zurückschrauben und die Dinge etwas einfacher angehen als immer nur hochkompliziert. Und eben auch, was Uschi gesagt hat, dieses Treffen in der Gemeinde fehlt schon etwas. Wir gehen auch oft spazieren und manchmal begegne ich auf der ganzen Runde keinem Menschen, das ist eigentlich schade. #00:51:18-1# 

Ich würde mir mehr gemeindeübergreifendes Denken und Handeln wünschen. Dass man beispielsweise bei einem Tennisplatz zuerst einmal in die Nachbargemeinden schaut und sich die Frage stellt, ob dieses Angebot wirklich in jedem Dorf kopiert werden oder noch einer draufgesetzt werden muss. Darum finde ich es gut, dass es in Gamprin einen Badesee gibt, in Balzers würde vielleicht auch noch einen drinnen  liegen aber in Triesen bräuchte es dann nicht auch noch einen. #00:52:16-9# 

Das andere, was mir auch noch am Herzen liegt und auch schon gefallen ist wäre der Austausch im öffentlichen Raum. Es muss Attraktiver werden und Anreize geben, dass sich die Leute wieder gerne treffen. Ich nehme Balzers so wahr: Balzner treffe ich eigentlich nur auf der Deponie, im Roxymarkt und bei der Coop-Tankstelle. Das ist eine traurige Realität und das sind so die Punkte, wo man sich trefft. Die Deponie ist mir noch am sympathischsten von allen. Wir sind schon ewig dran, dieses Dorfzentrum zwischen den beiden Dorfteilen zu beleben und ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass uns das irgendwann noch gelingt und dass hier auch interessante Räume entstehen, die aber auch dazu einladen, zentral zu wohnen. #00:53:10-8#

Ich vermisse hier im Balzner Zentrum effektiv den Wohnanteil. Ich denke dass sich durch das Wohnen und die Leute, die sich an einem Ort aufhalten, auch ein Leben entwickelt. Mit einem Gartenzaun rundherum funktioniert das natürlich nicht. Aber nur dort, wo die Leute wirklich wohnen entstehen kurze Wege und Momente, wo man auch einmal vor das Haus sitzt. Deshalb befürworte ich eine Verdichtung im Zentrum und eine Konservierung der Grenzen, die wir uns vom Bauland her in Balzers zum Glück erhalten haben. Das finde ich richtig. Zuerst einmal die Freiräume, die wir haben, qualitativ optimieren. #00:53:56-5# 

Ich wohne wie schon gesagt dort, wo ich in Balzers aufgewachsen bin. Ich muss jetzt doch etwas der Spielverderber sein. Für mich ist nicht ein weiterer Badesee wichtig sondern wenn schon dann mehr Natur, wirkliche Natur. Ein Badesee ist auch wieder tote, verbaute Landschaft. Aber ich bade auch nicht so gerne, das mag auch damit zu tun haben. #00:54:36-3# 

Auch sonst muss ich auch in dem Sinne noch etwas der Spielverderber sein, dass fast jeder und jede gesagt hat „früher, als Kind sind wir oft draussen gewesen und haben nicht viel gebraucht“. Dann kann sich auch jede und jeder Fragen, warum er oder sie denn jetzt nicht draussen ist? Warum gehen die Beizen zu, wenn so ein Bedürfnis da ist, sich zu treffen? Irgendwo sind wir hier aus meiner Sicht nicht ganz ehrlich. Trotzdem wünsche ich mir auch Treffpunkte. Mathias noch ein Tipp: Beim Pumptrack oben trifft man auch noch viele Leute. Etwas jünger aber er ist ausgelegt bis 99 Jahre. #00:55:14-4# 

Meine Kinder sind noch zu klein, sorry. #00:55:10-2# 

Mit dem Hund spazieren gehen hilft auch, das ist auch erstaunlich. Und an den Spielplätzen trifft man viele Mütter mit Kindern, Männer sind da jetzt weniger anzutreffen – es gibt schon so Orte. Aber das müssen wir auch selber leben. So lange jeder Zuhause hinter seinem PC vor Facebook etc. sitzt passiert halt draussen auch nichts. #00:55:34-4#

Um das alles zu verbinden wünsche ich mir vor allem auch noch einen extrem gut ausgebauten ÖV. Das habe ich in der Zeit erlebt, in der ich in Städten gewohnt habe. Das ist einfach toll wenn du hinaus kannst, einsteigen, aussteigen, weitergehen, um eine Ecke ins nächste Dorf, wieder einsteigen und nach Hause. Im Dorf liegt sicher auch in Rad- und Fusswegen ein grosses Potential was die kleinen Strecken anbelangt. #00:55:54-9# 

Der Rest ergibt sich von selbst: Die Leute gehen hinaus und treffen sich oder lassen es hocken. Wenn man wartet bis es so toll ist, bis man sich trifft, wird es nichts funktionieren. Darum muss ich jetzt auch noch etwas Spielverderber spielen. #00:56:18-1# 

Ich möchte da grad anknüpfen, weil es mir um etwas sehr ähnliches geht. Ich habe auch etwas bezüglich Treffpunkten und öffentlichem Leben aufgeschrieben. In Planken haben sie mit der Dorfbeiz eine coole Sache gemacht und ich habe auch gemerkt, wie wenige Plankner ich abgesehen von denen, die von früher jetzt noch da sind, noch kenne, konnte aber auch einige neue kennenlernen. Das fand ich sehr schön. Ich möchte da aber auch die Frage in den Raum stellen, wie sehr mangelt es da an den Orten und wie viel mangelt es eher daran, dass die Leute zu wenig offen oder sehr für sich, sehr zurückgezogen sind? #00:56:57-3# 

Ein schöner öffentlicher Ort spornt das sicher an aber viel hängt das glaube ich auch mit der Offenheit der Menschen zusammen. Ein gutes Beispiel für mich, mit dem ich auch wieder an die Verkehrsthematik anknüpfen möchte: Ich habe lange versucht hier ohne Auto zurechtzukommen. In Planken hatte das zur Konsequenz, dass ich angefangen habe, per Autostop zur Arbeit zu fahren. Das war auch sehr spannend weil ich dort auch viele Leute kennenlernen konnte. Die Quote in Planken war relativ gut, auch wenn ein paar nicht angehalten haben. Im Land unten habe ich es in der Nacht ein paarmal probiert, es ist praktisch unmöglich, sogar als Frau. Am Tag ist es denke ich auch schwierig. #00:57:54-1# 

Wenn man sich mehr treffen würde, man diese Verbindungen und diesen Kontakt hätte, wäre diese Hürde bei uns eigentlich nicht so gross aber das ist bei uns ein ziemlich fremdes Konzept. Ich fand das Autostoppen eigentlich noch witzig aber die Leute konnten es manchmal kaum glauben. #00:58:21-5# 

Ich wohne jetzt im Triesner Oberdorf in einem denkmalgeschützten Haus. In Triesen haben wir das Glück, dass das Oberdorf noch relativ viele alte Häuser hat, die unter Denkmalschutz stehen. Es ist wirklich schön dort zu wohnen. Ich heize auch noch mit Holz und brauche auch nicht viel Luxus. Ich finde das toll und finde auch, dass man die alten Häuser mehr wertschätzen sollte, vor allem wenn sie schön in einem Dorfkern liegen. Wenn man in die Ferien geht möchte man auch immer die Altstadt anschauen und findet das toll. Darum sollte man finde ich, dass man diese Teile der Gemeinde mehr wertschätzen und versuchen sollte, alte Substanz mehr zu erhalten. Ich habe auch das Gefühl, dass es sich viel besser wohnt in solchen Häusern. Ich bin Schreiner und komme in viele Häuser, auch in Neue. Und ich habe das Gefühl, dass man sich in alten Häusern einfach wohler fühlt. #00:59:12-5# 

Super ist in Triesen auch, dass sich der Dorfkern mit der Linde so gut entwickelt. So eine Kultbeiz, die wirklich gut läuft und in der sich jung und alt und alle Parteien durcheinander treffen und miteinander reden, das macht viel aus. Daneben ist der Dorfladen wieder aufgegangen, auch dort trifft man sich und kann zu Fuss einkaufen gehen. Es ist wirklich schön, dort zu wohnen und ich wünsche mir, dass jede Gemeinde auch so ein Quartier hat wo es schön und heimelig ist und man sich wohlfühlen kann. #01:00:01-3# 

Ich wohne auch wieder in Balzers. Ich bin von Balzers nach Mäls gekommen und wohne jetzt im Mälsner Dorf. Ich finde die Frage, die ihr auch stellt sehr wichtig, was die Identität eines Dorfes ist. Das sind in erster Linie sicher der bebaute Raum aber auch der Landschaftsraum. Wo ich aber auch an meine Vorredner anknüpfen möchte: Diese Identität hängt auch an der Bevölkerung. Ich wünsche mich für Balzers und das ganze Land eine aktive Bevölkerung, die an diesem Dorfleben und an diesem Angebot, das einem geboten wird, teilnimmt. Man wünscht sich mehr Leben im Dorf, noch mal ein Café oder ein Restaurant – aber wenn es dann nicht genutzt wird und nicht einmal die Restaurants überleben können, die es jetzt gibt, muss man sich schon fragen, wie man die Bevölkerung dazu bringen kann, aktiv zu werden. Deshalb ist eigentlich mein grösster Wunsch eine aktive Bevölkerung. #01:00:59-7#

Ich frage mich ein bisschen, ob dieser Gmandlegeist uns auch etwas in die Wiege gelegt ist. Ich bin in Schaan aufgewachsen, bin dann auch länger im Ausland gewesen und habe in verschiedenen Städten gewohnt und jetzt bin ich nach Vaduz gezogen. Ich glaube ich kann nach Bern ziehen, nach Brüssel ziehen – aber am meisten weh hat es mir glaube ich wirklich getan, von Schaan nach Vaduz zu ziehen. Und dann haben uns ich und mein Freund auch gefragt: Ist uns das so mitgegeben worden? Identifizieren wir uns so stark damit, dass wir Schaaner sind? Das war für mich eine spannende Erfahrung. #01:01:40-3# 

Wenn du in Städten gewohnt hast vermisst du natürlich auch das kulturelle Angebot. Ich finde dass es auch hier gute Ansätze gibt und teilweise nicht schlecht umgesetzt wird aber ich würde mir auch einen urbanen Raum aber mit Charme wünschen. Also nicht unbedingt nur diese leblosen Blöcke – aber es muss halt auch Leute geben. Wahrscheinlich ist es eine Kombination von beidem: es braucht ein Angebot und Leute. In Schaan finde ich beispielsweise diesen Dorfmarkt sehr schön. Für viele Leute ist dieser Dienstag fix im Wochenplan – ich habe jetzt ein halbes Jahr nicht gearbeitet sondern war am Lernen und auch öfter dort und das hat mir richtig Freude gemacht zu sehen, wie sich jung und alt getroffen haben und das einfach so ein fixer Punkt für sie war, dass sie jeden Dienstag dort waren. #01:02:55-0#

Balzers ist für mich ein schönes Dorf und ich finde wir haben auch einen Dorfgeist. Man kennt sich hier wirklich noch, das geniesse ich. Ich bin von Balzers nach Mäls gezogen. Als ich nach vierzig Jahren in Balzers nach Mäls gezogen bin hat sich das für mich angefühlt als würde ich einen Kontinent verlassen und auf einen anderen ziehen. Was ich mir für das Dorf wirklich wünschen würde – was ihr macht, Luis und Toni – genau das braucht es. Es braucht Herz und Seele und weniger Geld. #01:03:38-4# 

Ich kann an vieles Anknüpfen. Ich habe das Gefühl, dass man mehr miteinander arbeiten sollte. Es ist immer ein bisschen ein gegeneinander: Wer hat das grössere, wer hat das bessere, wer hat das teurere Projekt? Wer ist moderner? Ich bin in Balzers aufgewachsen und lebe jetzt seit acht-neun Jahren in Vaduz. Immer wieder werden Projekte lanciert, um das Städtle wieder aufleben zu lassen. Ich weiss nicht wie stark man das sonst wahrnimmt aber ab acht Uhr abends ist es wirklich tot und auch am Wochenende läuft nicht viel. Schaan hat hier aufgeholt, die haben es mit dem Dorfplatz und mit den unterschiedlichen Beizen relativ gut gemacht. Durch Schaan kannst du durchgehen und dich wo hinsetzen und du triffst immer jemanden. Auch als Balzner muss ich sagen: In Schaan triffst du wirklich meistens jemanden, den du kennst. #01:04:30-7# 

Ich würde mir einfach wünschen, dass es beispielsweise in Vaduz auch so einen Ort gibt, an dem man sich trifft. Aber hier müssen die Leute auch mitarbeiten. Wie bereits gehört wird sehr häufig reklamiert. Gejammert wird auf sehr hohem Niveau aber etwas unternehmen tut man nicht. Das finde ich schade. Ich finde man sollte weniger jammern, bessere Projektvorschläge machen und mitarbeiten. Darum finde auch so einen Austausch – wie Doris es grad auch schon gesagt hat – super, dass man sich zusammensetzt, jeder seine Punkte und Ideen einbringen kann, unterschiedliche Positionen austauschen kann und das vielleicht zu einem Ergebnis führt. #01:05:28-6# 

Wir haben ein relativ grosses Laden- und Beizensterben, das ist offensichtlich. Ihr hättet wahrscheinlich noch fünf andere leere Lokale für dieses Projekt gefunden, und das tut schon etwas weh. Als ich aufgewachsen bin hatten wir zehn Beizen und ich weiss nicht wie viele Läden im Dorf und alle konnten irgendwie Leben. Und ich frage mich schon auch warum das so ist oder woran das liegt. Und dann sehe ich manchmal Sachen, die wir plakativ gesagt einfach sterben lassen. Der Dorfmarkt ist am Sterben, das Kino ist gestorben, einem schönen Projekt wie dem Stobacafé setzt man die gesetzlichen Hürden so hoch an, dass es nicht leben kann – obwohl man dort gemerkt hat, es wäre ein Treffpunkt, es wäre beliebt, es wäre angekommen. Ich frage mich hier, woran das liegt. Könnte man nicht mehr Anreiz schaffen, mehr Unterstützung geben, damit die überleben können? Das ist das Eine.  #01:06:24-3# 

Die Bevölkerung ist der andere Punkt: Die Frage, wollen wir Balzner uns überhaupt begegnen? Wir wollen uns in den Vereinen begegnen, wir gehen gezielt dort hin, wo wir wollen. Und in den Ausgang gehen die Jungen nach Schaan oder Vaduz oder ins Unterland. #01:06:49-4#

Dann haben wir eine wunderschöne Natur, ich finde Balzers sehr eine schöne Wohngemeinde. Und wenn ich Unterland Tourismus anschaue: Das Unterland ist auch sehr schön. Und warum weiss ich das? Weil sie Prospekte machen und das ankündigen und sagen in Nendeln gibt es einen Sägaweiher und dort gibt es dieses und da jenes und dann gehe ich und schaue es mir an. Von Balzers wissen nur die Balzner, dass es so schön ist, habe ich manchmal das Gefühl. #01:07:26-1# 

Es ist auch schön, mausallein am Ellhorn oben zu sein, aber eine Beiz kann dann nicht leben. Ich glaube von den Balznern alleine können unsere Beizen und Läden einfach nicht leben. Vielleicht sind wir wirklich zu klein oder es liegt an unserer Mentalität. Ich könnte mir auch vorstellen, dass wir unsere schöne Natur etwas mehr teilen mit anderen. Dass es vielleicht eben ein Bed&Breakfast gäbe, wo man sagt: Fangt doch den LI-Weg hier an, übernachtet hier und schaut das Dorf noch an, bevor ihr nachher den Liechtensteinweg abgeht. #01:08:01-7# 

Es gibt so ein paar Sachen: Die Burg und das Haus Gutenberg ziehen manchmal schon auch andere Leute an. Aber vielleicht wollen wir das nicht. Vielleicht wollen wir etwas für uns sein. Geographisch sind wir für uns. Und ich hoffe schwer, dass diese Grünzone zwischen Triesen und Balzers bleibt – die sollte natürlich nicht verbaut werden – aber es könnte vielleicht einfach noch mehr Gründe für andere Liechtensteiner geben, um nach Balzers zu gehen. Es gibt hier wirklich viel Schönes zu entdecken, aber das muss man einem auch sagen und zeigen. Also eine gewisse Willkommenskultur und dieses miteinander teilen. Also ich habe das Gefühl wir wären eine attraktive Gemeinde, wir sind eine attraktive Gemeinde – eben auch für Leute, die nach Zürich arbeiten gehen, weil der Bahnhof so nahe ist. Oder auch solche, die einen weiten Arbeitsweg haben, weil der Zug dann so nahe ist. Worauf ich mit all diesen attraktiven Aspekten der Gemeinde hinaus will: wenn man es beleben wollte, könnte man das glaube ich. #01:09:17-3# 

Es war jetzt spannend. Man hat das Gefühl es gibt ein ähnliches Bedürfnis nach mehr Leben auf irgendeine Art und Weise: Teilweise mehr städtisches Leben, mehr Begegnung, mehr Treffpunkte, die sich durch alle Generationen durchziehen. Letztlich läuft es etwas auf die Frage nach Huhn und Ei hinaus. Kannst du noch so viele Initiativen machen, man sehe nach Vaduz, ohne böse über Vaduz reden zu wollen – man hat gesehen, man kann extrem viel Geld investieren, und es ist trotzdem tot um acht. Es ist recht schwierig, hier den Trick zu finden, aber es hat viele spannende Ansätze gegeben und Beispiele, die funktionieren: Coop-Tankstelle, Coworking-Space, Badesee,…also es hätte heute mindestens fünf Adressen gegeben, wenn man Leute treffen wollte.
Die Deponie werde ich mir merken. Es war auf jeden Fall sehr spannend das, Spektrum zu sehen. #01:10:36-7# 

Diskussion über umgedrehte Kärtchen

Jetzt machen wir noch eine letzte Runde, in der wir noch mit ein paar Bildern enden möchten. Jede und jeder von euch hat ein paar Kärtchen umgedreht oder bewusst in der Farbe gelassen. Wir haben am Anfang nicht genau definiert, was grün oder rot konkret heisst. Ist es ein radikaler Naturpark, wo nichts mehr gebaut werden darf, der langsam in sich zerfällt oder ist es einfach etwas, das etwas mehr grün verträgt? Ist die Bauzone ein Ansatz für eine neue Stadt? #01:11:38-9# 

Wie stelle ich mir den Ort vor? Wie könnte er belebt werden, wenn man ihn beleben wollte? Oder was bedeutet „mehr echte Natur“ wie Hansjörg es gesagt hat oder ein Hauch Wien in Schellenberg für euch? #01:12:19-2# 

Hier oben beim Galinakopf habe ich es grün gedreht, weil ich auch finde, dass man die schönsten Plätzchen auch ein bisschen geheim halten sollte. Ich finde wir machen extrem viel Werbung für die Schönheit unseres Landes und seiner Natur. Aber eigentlich finde ich den schönsten Sonnenaufgang auf dem Galinakopf ohne zwanzig Menschen aus der ganzen Welt. Und eigentlich finde ich, dass man gewisse Aspekte auch für sich behalten kann und keine Werbung dafür machen muss, sondern Touristenströme eher konzentrieren sollte. Wo diese dann hingeführt werden ist mir egal, aber nicht hier auf dem Galinakopf. Darum stelle ich ihn mir sehr einsam vor, wie er jetzt ist in seiner Schönheit morgens um sechs. #01:13:23-8# 

Ich habe den Mittelschellenberg auf rot gelassen. Ich habe mir gedacht dass es eigentlich schon recht vieles da ist: Den Dorfplatz finde ich recht schön, die Krone hat eine schöne Terrasse mitten im Dorf und es ist auch schön auf dem Hügel eingebettet. Ich fände es spannend, dort so einen Ort zu schaffen, wie ihn verschiedene Leute angedeutet haben. Wo etwas mehr Leute auf dichterem Raum leben und man rundherum etwas verdichten und diese schöne Aussicht miteinander geniessen könnte. Wichtig wäre mir dabei einen Kosmos zu schaffen, damit es trotzdem ein lebenswerter Raum mit vielen öffentlichen Flächen bleibt. Momentan gibt es noch viele Freiflächen um das Kloster, in unserer Wiese, die Gemeinde hat einiges dazukaufen können, das im Prinzip Freifläche ist. Abgesehen vom Spielplatz gibt es derzeit noch wenig öffentliche Räume und ich fände es spannend wenn es mehr Leute gäbe, mit denen ich gerne zusammensitze und mehr Orte, die zum Sein und Verweilen einladen. #01:15:07-7# 

Mir ist die Saira in den Sinn gekommen, die ihr interviewt habt. Ich habe übrigens alle Interviews geschaut, es war interessant. Ich fand es auch spannend, was das neunjährige Mädchen so gesagt hat – es dürfe auch ganz etwas kleines sein, es könnte auch beim St. Katharinabrunnen ein grösseres Weiherchen neben den Fröschen sein. Was sie aber auch gesagt hat wegen den Hochhäusern am Rand von Balzers: Ich finde Balzers müsste rundherum einfach grün bleiben. Und das was ich vorher gesagt habe, was du jetzt am Beispiel des Galinakopfs umschrieben hast: Bin ich denn bereit, diese geheimen Rückzugsorte zu teilen? Da ist man dann halt alleine wenn man hinauf und wieder herunterläuft, aber das ist mir auch recht so. Vielleicht wissen wir da einfach noch zu wenig genau, was wir wollen. Und dass wir auch sagen: Ja, wir sind ein Dorf, das lieber etwas für sich ist. Das kann ja auch sein. Persönlich bin ich da noch etwas unschlüssig. Wahnsinnig wichtig finde ich, dass wir die bestehende Natur erhalten, die es nicht gibt. Und dass wir kompakt, zentriert bauen und die Freiflächen rundherum wirklich erhalten.
 #01:17:04-1# 

Vielleicht kann ich grad anknüpfen an den Galinakopf: Ich habe letztens grad die Fünf-Seen-Wanderung gemacht und dort hast du dann eben genau das. Es ist wunderschön aber dann hast du allerhand Instagrammer und frag mich nicht was da oben und das versaut einem dann irgendwie die ganze Wanderung, so stelle ich es mir im Himmalaya auf den letzten Metern zum Mount Everest vor, wo alle in der Reihe anstehen.
 #01:17:31-5# 

Aber was ich hier umgedreht habe ist beim Rhein draussen. Ich bin grad mit dem Rad nach Balzers herauf gefahren und habe mir gedacht, je weiter man nach Balzers kommt desto wilder wird der Rhein. Aber eben, von mir aus könnte man am Rhein entlang alles grün machen, weil ich es einfach extrem schade finde, dass wir aus diesem Raum nicht einen Lebensraum machen sondern dass es einfach ein toter Kanal ist, an dem es kein Leben mehr gibt. Und was ich eine Todsünde finde: Dann auch noch Autos und Lastwagen fahren, wenn du nach Ruggell runter fährst hast du Lastwagen, wenn du nach Vaduz und Richtung Triesen fährst den ganzen Werksverkehr, das finde ich Sünd und schad was wir uns hier leisten.
#01:18:27-1# 

Ich kann vielleicht noch begründen, warum ich das Balzner Zentrum orange gelassen haben. Ich bin der Meinung, dass die Burg eigentlich nach wie vor eine riesen Anziehungskraft hat und rund um die Burg Platz für Freizeit wichtig ist. Mit dem Pumptrack ist etwas Schönes entstanden, das mehr als nur funktioniert. Ich denke hier im Zentrum müsste man die Attraktivität mit einem guten Mix steigern. #01:19:12-8#

Daran kann ich grad anschliessen. Verdichten unterstütze ich voll und ganz. Am Rhein entlang frei lassen was geht auch, ich bin jetzt nicht so scharf auf diese Küchlein sonst hätte ich die Kärtchen dort schon lange gedreht am Freienberg oben, dort müsste es grasgrün sein. Und allen die jetzt so vom Galina schwärmen: Ich müsste mich sehr täuschen aber ich meine, das sei Balzner Berg. Da oben gehört auch alles grün. Aber das ist klar: Wir müssen auch irgendwo wohnen und leben, es braucht Verkehr, das ist auch kein Thema, es gibt Wege, die wir brauchen – aber daneben auch so viel wie möglich noch grün erhalten. Und jene, die nicht sehen wie schön es ist – ist das nicht dramatisch, finde ich. #01:20:21-2# 

Du hast noch etwas spannendes gesehen, du möchtest wieder mehr echte Natur. Was meinst du damit genau?
 #01:20:25-7# 

Jene, die sich das Interview schon angehört haben, haben es wahrscheinlich auch dort schon gehört. Ich bin eigentlich eher ein Fan von Bio-Landwirtschaft. Und was natürlich zu Biodiversität gehört: Entsprechende Inseln schaffen, also Plätze, an denen die Natur wirklich noch Natur sein kann und Orte, die ökologisch wichtig sind auch miteinander zu verbinden. Ein kleines Biotop hier und das nächste fünf Kilometer weiter nützt bekanntlich wenig – das einfach etwas im Zusammenhang anzusehen, und das ist raumplanerisch natürlich eine gigantische Herausforderung. Vor allem wenn man dann noch das Autoland ist…darum ist der ÖV für mich match-entscheidend.
Und ein Umdenken was die Mobilität angeht – ich habe auch ein Auto aber das muss man jetzt nicht noch fördern. Und den Rest so grün wie möglich lassen. Als Beispiel: In der Schweiz weiss man das und bei uns ist es vielleicht auch schon durchgedrungen. Verschiedene Gemüse wachsen auf unseren Feldern, dann spritzt man Gift und ein paar Kilometer weiter unten pumpen wir es mit dem Grundwasser wieder heraus. Und dann stellt man das Chlorotalonin fest und es ist wieder alles auf rot – jetzt müsst ihr aber sofort handeln. Ja was soll ich handeln? Halt verbieten dass man es spritzt oder, sonst hast du es wieder drinnen – das ist relativ einfach, würde man meinen. Aber in der Praxis ist es eben nicht so einfach weil die Interessen einfach querbeet sehr unterschiedlich sind und der Bauer auch leben muss, das ist mir auch klar, und Bauern sind extrem wichtig, sonst funktioniert es auch nicht. #01:22:17-1# 

Alpen, die nicht bewirtschaftet werden verwalden. Innerhalb von ein paar Jahren gibt es dort keine Alpenblumen mehr, nur noch Wald. Echte Natur stelle ich mir so vor: Ohne chemischen Einsatz, dann ist es eigentlich schon geregelt. #01:22:34-8# 

Weil wir vorher grad in der Burg oben waren: Das ist eigentlich auch ein altes Anliegen der Balzner – also nicht nur der Balzner. Ich wohne beim Schlossweg und wenn man von der Autobahn hereinkommt und auf die Burg zufährt steht man bei mir in der Einbahnstrasse. Dann fragen die Leute ob man da hinauf könne, ob es etwas zu trinken gäbe oder sonst etwas. Dann muss man sagen man könne schon hinauf aber es sei leider zu und es gehe nicht am Wochenende auf sondern sei leider geschlossen. #01:23:14-6# 

Hier wäre es mein Wunsch, dass man diese Burg befreien würde. Nicht von einem bösen König befreien sondern wenigstens einmal ein Jahr oder einen Sommer lang von den Vorschriften, die es so kompliziert machen, dass dort oben etwas stattfinden kann. Es hat einmal das Café im Bonger gegeben. Die haben in einem alten Haus mit grossem Bongert einfach ein Projekt gemacht und die Bewilligung erhalten, dort drei Monate lang einen Begegnungsort zu schaffen, weil es nur ein Projekt war.
Auch die Behörden finden es immer eine super Idee aber die Vorschriften sind eben so und die Juristen der Regierung auslegen und die Juristen sagen die Politiker hätten es so entschieden und jeder schiebt den schwarzen Peter dem anderen zu. Aber hier einfach einmal sagen wie das Café im Bongert oder Doris mit dem Stobacafé zu sagen, man macht einfach einmal etwas einen Sommer lang. Das könnte ganz einfach sein, bei schönem Wetter könnte man das Fähnchen hissen und die Leute wüssten, dass es jetzt etwas gäbe. Und dann könnte man ja schauen, was daraus entstünde. Deshalb habe ich die Burg von rot auf grün geändert. #01:24:38-0# 

Das ist ein spannendes Thema, unser Bezug zu Denkmalschutz und Denkmalpflege: Wir reissen extrem vieles ab aber wenn man etwas lässt, muss man es so lassen, dass man nichts mehr daran machen darf. In der Burg Gutenberg hat es sogar einmal ein Gasthaus gegeben – aber jetzt soll es sich nicht mehr verändern? Es heisst, es soll niemand mehr hinein – für wen schützt du es dann? Das fände ich super einmal einen Zapfhahn zu installieren und wenn etwas von der Wand bröckelt ist das schade aber so lebt es halt überhaupt nicht mehr. #01:25:06-9# 

Ich habe alles gegeben, um das Unterland zu einer Naturschutzzone zu machen. Bis jetzt bin ich gut auf Kurs und wo ich sehr gut bin ist im Ruggeller Riet. Ich hoffe ich habe es erwischt: Dort gibt es einfach eine Parzelle mit Wald, mittendrin eine mit Löwenzahn überzogene Heuwiese. Anscheinend ist es dem Altenstätter seine Parzelle. Solche Bereiche finde ich ziemlich schön: Irgendwo mitten in der Landwirtschaft oder auch im Siedlungsbereich einfach einmal die Natur wachsen lassen anstatt mit Riesenaufwand versuchen, allen Ansprüchen gerecht zu werden, und die Natur sein lassen und eine Erholungszone und vielleicht daraus nachher eine Erholungszone machen. #01:26:15-8# 

Das war einmal ein Start, um so frei wie möglich zu denken. Alles hatte seinen Platz und man konnte über alles nachdenken und komplett verschiedene Ansichten zu den einzelnen Themen haben. Jetzt wird es dann immer konkreter und wir werden versuchen, möglichst vieles aus dieser Runde mitzunehmen und in die Konzeption unserer zukünftigen Veranstaltungen einfliessen zu lassen. #01:27:50-3#