Wohin mit den Alpen?
Der gebirgige Teil unseres Landes stellt für viele einen wertvollen Erholungsraum dar. Zwischen Alpwirtschaft, intensiverer touristischer Erschliessung und einer Projektionsfläche für unberührte Wildnis treffen auch in der Berglandschaft verschiedene Interessen aufeinander. In einem kurzen Input vom Verein ELF wird die Geschichte der Erschliessung dieses Teils von Liechtenstein anhand des vor über 100 Jahren aufkommenden Alpentourismus nachgezeichnet. Selbstverständlich Gewordenes wie Tunnel und Strassen werden dadurch relativiert – das heutige Landschaftsbild, das wir von der Sücka aus unter die Lupe nehmen, steht damit wieder zur Debatte.
In einem Rollenspiel werden unterschiedliche Standpunkte eingenommen und die Zukunft des Alpenraums wild in grossformatige Landschaftsbilder hineinskizziert: Strassen und Dämme können wegradiert und alternativ durch Seilbahnen, einen Dreitälerstausee oder wilde Natur ersetzt werden. In verschiedenen Rollen loten wir gemeinsam das Spektrum an Möglichkeiten zwischen intensiverer Erschliessung zu Gunsten des Tourismus, weitermachen wie bisher und gnadenloser Renaturierung aus. Der Bezug jeder/s Einzelnen spielt dabei ebenso eine Rolle wie Perspektiven zwischen wirtschaftlichem Potential und ökologischem Selbstwert unserer Berglandschaft.
Die Veranstaltung ist eine Kooperation zwischen dem Verein ELF sowie CIPRA Liechtenstein.
«Wir sind stolz drauf, dass wir im Berg heute noch 14 oder 15 Restaurants haben, die fast sieben Tage die Woche offen haben. Aber so viel ist klar: Von Liechtensteinern alleine leben die nicht lange. Wie im Tal unten werden sie zugehen – also brauchen wir einen gewissen Tourismus, damit wir das hochhalten können.»
«Die Idee ist schon, dass man auch das Berggebiet 365 Tage im Jahr bespielen kann. Das Malbun liegt auf 1600 Meter über Meer, was es als Trainingsort für Sportler interessant macht. Die wären eine mögliche Zielgruppe, die man vermehrt ansprechen könnte.»
«Wenn das Gorfion zugegangen wäre, hätten sie Wohnungen daraus gemacht, die sie zu einem Quadratmeterpreis für um die 12’000 Franken verkauft hätten. Damit wäre ein Hotel mit 60 bis 70 Betten weg-gefallen, das im Winter zu einer relativ grossen Auslastung der Bergbahnen beiträgt und früher auch im Sommer recht gut funktioniert hat. Wenn das weggekommen wäre, hätte es unter Umständen keine Skischule mehr gebraucht und weniger Restaurants. Damit hätten auch die Bergbahnen ein Problem und auch die anderen Preise gingen zurück. Natürlich ist es nicht die Idee, dass die Gemeinde alles aufrecht erhalten oder die Preise der Häuschenbesitzer hochhalten muss, aber ich glaube schon, dass in so einer Situation vieles verloren gehen kann. Damals haben wir einfach geschaut, dass die richtigen Leute zusammenkamen, denn dass in so einem Gebiet irgendwann gar nichts mehr funktioniert, kann es halt auch nicht sein.»
«Diese 16 Schneekanonen und vor allem das Wasser sind eigentlich wirklich zu wenig. So bist du über 2, 3 oder 4 Wochen am beschneien und musst die Schneekanonen teilweise sogar mit dem Helikopter verlegen. Wenn du jetzt z.B. einen Beschneiungssee auf Pradamée hättest, hättest du dort bei entsprechenden Temperaturen und passender Infrastruktur innerhalb von 4 bis 5 Tagen 30 cm Schnee auf der Piste und das reicht völlig, mehr brauchst du nicht.»
«Die Firma Intamin hat einmal eine grobe Kostenschätzung gemacht, was es kosten würde, mit die Strecke Steg–Malbun mit einem Bähnchen zu erschliessen, um das Malbuntal komplett Autofrei zu halten. Es hätte 50 bis 60 Millionen gekostet. Aber eigentlich müsste man so etwas von Vaduz unten anschauen. Du kannst ja nicht wieder im Steg einen riesigen Parkplatz bauen.»
«Die grösste ökologische Katastrophe ist wahrscheinlich der Flug von was weiss ich woher nach Zürich. Und der letzte Weg vom Steg ins Malbun ist eher nicht mehr das Hauptproblem, wenn es Tourismus ist. Derzeit macht Liechtenstein-Marketing ja auf der ganzen Welt Werbung. Vaduz ist überlastet, ob das Berggebiet überlastet ist, könnte man auch diskutieren, aber zeitweise ist es auch relativ vollgestopft.»
«Die Alpwirtschaft ist ein anderes Thema, grad beim Garselli sieht man, dass auch noch Emotionen dran hängen. In den Vierzigerjahren haben sie den unteren Garsellistall gebaut. Damals hat mein Ehni noch mitgebaut. Zum Bau entschieden haben sie sich, weil es dort so grosse Bremsen gab, die das Vieh dermassen verstochen haben. Unglaublich, was die angereist haben, aus grösster Not. Diese Not haben wir heute überwunden, darum fragt man sich: Müssen wir jetzt einfach etwas aufgeben, wenn man es erhalten kann?»
«Wir müssen die komplette Infrastruktur für 6 bis 700 Wohnungen gewährleisten, ohne dass die Zweitwohnungsbesitzer am Triesenberg Gemeindesteuern bezahlen würden. Wasser, Abwasser, Strom, Feuerwehr, das muss ja alles gewährleistet sein und im Gegenzug kommt kein Rappen an Steuern herein. Ausser über das Vermögen: Aber das Vermögen auf diesen Häusern ist meistens nicht gerade extrem hoch, weil die meisten Schulden auf den Häuschen haben oder bei 0 sind.»
«Um nur ein konkretes Beispiel dazu zu nennen: Wir haben ein Abwassernetz mit einem Wiederbeschaffungswert von 80’000’000 Franken. Ein Grossteil davon ist in den 60er- und 70er-Jahren gebaut worden und hält rund 50 Jahre. Jetzt kannst du dir ausrechnen, was in den nächsten Jahren auf uns zukommt und dass wir hier neue Lösungen brauchen.»
«Wenn mehr ihren Hauptwohnsitz ins Malbun legen würden, würde das nicht nur das Problem mit den Steuern lösen, sondern dann würde es auch belebt werden. Sogar in Lech leben 1200 bis 1300 Leute in der Nebensaison. Aber Malbun ist tot, dort leben vielleicht 40 Leute. Dort kannst du in der Nebensaison kein Restaurant, keinen Laden und nichts aufrecht erhalten – es ist ein toter Ort. Oftmals leider sogar in der Hauptsaison.»
«Mich würde einmal interessieren, was genau sanfter Tourismus ist. Da gibt es Ideen von Hängebrücken und weiss der Gugger was alles. Das traut heute ja kein Mensch in den Mund zu nehmen. Aber was ist dann der wirklich sanfte Tourismus? Ist das, wenn einer mit dem Lift auf Sareis hinauf und dann mit dem Trottinett über das Strässchen hinunterfährt?
Ich weiss es nicht. Ist das die Lösung, dass man die Leute kanalisiert und miteinander auf dem Fürstin Gina Weg zur Pfälzerhütte läuft? Ein paar Schaukeln aufzustellen wäre einigermassen sanft, hätten wir uns gedacht…»
«Was schadet mehr: 100 Leute, die Skitouren gehen und keine Ahnung von der Natur haben, oder 100 Leute auf der Skipiste? Beim Skitouren gibt es immer mehr die Tendenz, dass Leute in Naturschutzgebiete eindringen, wo sie eigentlich nichts zu suchen haben – auf der Skipiste ist es wenigstens kanalisiert.»
«Jeder kann sagen ‹Ich habe ein gutes Gewissen, ich nutze keine Liftanlagen und gehe einfach wild für mich in die Natur› – aber wenn das zu viele sind, sind die Menschen auch überall. Und gerade beim Wandern oder Wildzelten, wo der Mensch ist, hinterlässt er Dreck.»
«Auf den Skitouren, die wir vor 10 bis 15 Jahren gemacht haben, warst du überall ziemlich alleine. Mit der Entwicklung zum Trendsport musst du schon wieder andere Berge suchen, wo du alleine bist.»
«Und ich glaube wirklich nicht, dass wir zu gross gebaut haben im Malbun. Klar sind die ersten Gebäude, die man gebaut hat, nicht gerade Bijous, das ist schon klar. Aber wie die Struktur danach gewachsen ist, finde ich jetzt nicht das Allerletzte.»
«Ins Berger Täli hinauf oder auf den Hubel wäre es aus pistentechnischer Sicht noch sinnvoll, neue Bahnen zu bauen. Und die andere, die immer wieder zur Diskussion gekommen ist, ist Brand. Das wäre eine grosse Bahn, die Brand und Malbun über den Nenzinger Himmel hinweg verbinden würden. Das wäre eigentlich unglaublich, aber vermutlich nicht finanzierbar.»
«Solche Sachen wie eine Seilbahn von Vaduz nach Gaflei wären natürlich schon nicht ganz uninteressant. Da hättest du schon viel weniger Verkehr durch den Berg hinauf. Das wäre eigentlich sinnvoll. Auch mit der Klinik jetzt – da könnte man hinaufgondeln. Vom ökologischen her wäre das wohl das vernünftigste, was du bei uns bauen könntest. Ob sie dann rentieren würde, ist wieder eine andere Frage.»
«Eine Zwischenstation für den Triesenberg habe ich mir tatsächlich auch einmal überlegt und auf einem Trassé aufgezeichnet. Das Problem ist: Eigentlich müsstest du dann von Triesen weg starten und schräg irgendwie rüberfahren. Oder von Vaduz aus müsstest du Richtung Rotenboden schräg rüber und eine Art Dreieck machen. Aber eigentlich wäre das schon cool und sinnvoll. Es fahren ja extrem viele Leute vom Berg ins Tal zur Arbeit. Und meistens ist es ja Vaduz oder sie gehen von Vaduz irgendwohin weiter. Das wäre schon ein Angelpunkt.»
«Wenn die Station in greifbarer Nähe zum Busparkplatz wäre und du Konkurrenz mit dem Vaduzer Citytrain hättest, würde sich das auch noch rentieren. Wenn die alle mal schnell aus dem Bus aussteigen, in die Gondel sitzen, eine Rundfahrt machen und wieder zurück könnten, würde das sicher weiter zur touristischen Attraktivität von von Triesenberg und Gaflei beitragen!»